Martin Sorrell arbeitet während Chemotherapie weiter
Martin Sorrell arbeitet trotz Chemotherapie
WPP-Gründer lässt sich von Krebserkrankung nicht beirren
hip London
Der City-Veteran Martin Sorrell (78) wird trotz Chemotherapie nahezu wie gewohnt weiterarbeiten. “Ich habe mich ausgezeichnet erholt”, schrieb der Executive Chairman der Werbeagentur S4 Capital seinen Mitarbeitern. Er habe sich im Februar einer minimalinvasiven Operation unterzogen, bei der ein bösartiger Tumor entfernt worden sei. In den kommenden Monaten sei eine “vorbeugende Behandlung” erforderlich. Während dieser Zeit werde er normal weiterarbeiten. Er habe seine Reiseplanung etwas eingedampft, “ansonsten: Business as Usual”. Sorrell ist nicht der einzige britische Unternehmenslenker, der das Steuer nicht aus der Hand geben will. Auch C.S. Venkatakrishnan, der CEO der britischen Großbank Barclays, bei dem ein Non-Hodgkin-Lymphom diagnostiziert wurde, führte das Institut während seiner Behandlung weiter. An der Vorstellung der Geschäftszahlen für 2022 beteiligte er sich per Audiobotschaft.
Der Gründer des Werbekonzerns WPP hatte S4 Capital vor fünf Jahren an den Start gebracht. Nachdem WPP Anfang April 2018 mitteilte, gegen ihn werde eine Untersuchung wegen persönlichen Fehlverhaltens eingeleitet, hatte Sorrell seinen sofortigen Rücktritt eingereicht – nach 33 Jahren an der Spitze der Gesellschaft. Worum es dabei ging, gelangte nie an die Öffentlichkeit. Doch stand der umtriebige Werber, der einst zu den bestbezahlten britischen Chief Executives gehörte, schon vorher wegen schwacher Geschäftszahlen unter Druck. Die Trennung war alles andere als einvernehmlich. Über ausstehende Boni wird angeblich immer noch gestritten.
Der “Weise von Soho”
Das von Sorrell zusammengekaufte Imperium wurde von manchen mit ITT verglichen. Es begann damit, dass er 1985 in einen Börsenmantel namens Wire & Plastic Products investierte, einen Hersteller von Einkaufskörben aus Draht. Zwei Jahre später war er CEO der in WPP umbenannten Firma. Der „Weise von Soho“, der zuvor als Finanzchef von Saatchi & Saatchi fungiert hatte, machte aus WPP ein weltumspannendes Netz von Werbeagenturen. Vor fünf Jahren fing er mit S4 Capital gewissermaßen wieder von vorne an. Er steckte 40 Mill. Pfund in sein neues Geschäft, warb 11 Mill. bei anderen Investoren ein und schlüpfte in den Börsenmantel von Derriston Capital. Angeblich war ihm damals der Hedgefondsmanager Crispin Odey behilflich. Wenig später entschied er den Bieterwettstreit für die niederländische Media Monks für sich, an der auch WPP Interesse angemeldet hatte. Mittlerweile hat S4 Capital 8.900 Mitarbeiter in 32 Ländern. Es folgten der Kauf von Mighty Hive aus dem Silicon Valley und zahlreiche kleinere Akquisitionen. Das Unternehmen macht mittlerweile mehr als zwei Drittel seines Geschäfts in Amerika.
Das rasante Wachstum führte aber dazu, dass die Finanzabteilung nicht Schritt halten konnte. Gleich zwei Mal musste S4 Capital im vergangenen Jahr Geschäftsergebnisse verschieben. Die Prüfer von PwC kamen einfach nicht hinterher. Die Aktie kam unter Druck.