Mexikos erste Präsidentin steckt in der Klemme
Sheinbaum steckt in der Klemme
af Buenos Aires
Die Wahl war historisch, das Ergebnis mit 58% berauschend und der Jubel enorm. Mit riesigem Vorsprung hat Claudia Sheinbaum (62) die Präsidentschaftswahl in Mexiko gewonnen, als erste Frau seit der Unabhängigkeit von Spanien. Aber hat die ehemalige Hauptstadtbürgermeisterin die Mittel, ihre Wahlversprechen umzusetzen? Sie steht vor erheblichen Herausforderungen.
Sheinbaum wird entweder die üppigen sozialen Wohltaten ihres Mentors reduzieren oder die Kreditwürdigkeit ihres Landes infrage stellen müssen. Um den Kandidaten seiner linken Morena-Partei gute Wahlchancen zu eröffnen, hatte Andrés Manuel López Obrador seine Sparsamkeit aufgegeben und einige teure Prestigeprojekte auf Pump fertigstellen lassen. Darum wird Sheinbaum am 1. Oktober mit einem Defizit von 6% übernehmen, dem höchsten Wert seit 24 Jahren. Die Gesamtverschuldung des Landes wird 2024 deshalb leicht über 50% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen; dies sind fast sieben Prozentpunkte mehr als 2018.
Kein Spielraum für Sozialprojekte
Sheinbaum steckt damit in der Klemme, denn ihr Wahlkampf stützte sich auf das Versprechen, Sozialprogramme auszubauen. Aber Spielraum dafür wird sie nicht haben, weil Mexiko zu wenig Steuern eintreibt. Bei nur 16,9% des BIP liegt die Steuerquote. In der OSZE liegt der Durchschnitt bei 34%.
Während des Wahlkampfs hatte Sheinbaum betont, sie wolle keine Steuerreform. Aber ohne diese Maßnahme dürfte es schwierig werden, die Finanzen im Griff zu behalten. Allein Kosten für Renten, die Bedienung der Staatsschulden und die Transfers der Regierung an die Bundesstaaten machten 2024 mehr als die Hälfte des Haushalts von 535 Mrd. Dollar aus. Und das mit mehr als 102 Mrd. Dollar verschuldete staatliche Ölunternehmen Pemex produziert so wenig wie seit 40 Jahren nicht mehr.
Von den „Homeshoring“-Strategien der USA profitieren
Noch fehlt Klarheit über die Stimmenverhältnisse im Parlament. Sollte Morena auch hier die absolute Mehrheit erobert haben, dürfte eine Steuerreform zumindest durchsetzbar sein. Aber es gibt noch mehr zu bedenken: Mexiko ist mit geringen Löhnen und niedrigen Steuersätzen der ideale Anlaufpunkt für US-Konzerne. Als Mitglied der nordamerikanischen Freihandelszone könnte Mexiko stark von den „Homeshoring“-Strategien der USA profitieren – sollte Joe Biden im Amt bleiben. Zu den Demokraten hat die in den USA promovierte Sheinbaum ein exzellentes Verhältnis.
Offen ist dagegen, wie Donald Trump im Falle eines Wahlsiegs auf eine linke Frau regieren würde, die eine brillante Karriere vorzuweisen hat und von Umwelt-, Energie- und Klimafragen deutlich mehr versteht als er. Dies würde also für Unsicherheit im Verhältnis der beiden Nachbarstaaten sorgen.