Milliardär Mark Cuban mischt den US-Wahlkampf auf
Milliardär Mark Cuban
mischt den US-Wahlkampf auf
Von Alex Wehnert, New York
Mark Cuban sorgt in der heißen Phase des US-Wahlkampfs für Unruhe innerhalb der Demokratischen Partei. Der Milliardär, einem breiten Publikum als langjähriger Eigner des Basketball-Franchise Dallas Mavericks sowie als Investor in der Reality-Show „Shark Tank“ bekannt, hat sich nach einstigen Flirts mit Beratern des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump zum lautstarken Unterstützer von dessen Gegnerin Kamala Harris gewandelt – verfolgt aber eine eigene Agenda.
So spricht sich der 66-Jährige öffentlich für eine Ablösung der von den Demokraten eingesetzten Lina Khan aus, die als Chefin der Wettbewerbsbehörde FTC hart gegen die konzentrierte Marktmacht im Technologiesektor vorgeht. Durch ihre Versuche, die Riesen der Branche zu zerschlagen, gefährde die Kartellregulatorin den globalen Führungsstatus der Vereinigten Staaten bei künstlicher Intelligenz (KI), betonte Cuban zuletzt. Genau diese Rolle sei aber nicht nur entscheidend für den künftigen ökonomischen Erfolg des Landes, sondern auch unter Verteidigungsaspekten.
Nutzen durch laxere KI-Regulierung
Cuban selbst, merken Marktbeobachter an, dürfte eine weniger strikte Regulierung bei künstlicher Intelligenz entgegenkommen. Der in Pittsburgh geborene Geschäftsmann, der sein Vermögen Anfang der 1990er Jahre mit dem Verkauf seiner Computerberatungsfirma Micro Solutions an Compuserve begründete, hat selbst in KI-Unternehmen investiert. Wiewohl Cuban betonte, seine Aussagen zur FTC nicht mit dem Harris-Wahlkampfteam abgestimmt zu haben und diesem lediglich „Vorschläge und Feedback“ liefere, brachte er seine Botschaft doch deutlich auf den Punkt: „Wenn es nach mir ginge, würde ich nicht an Khan festhalten.“
Während sich die Wettbewerbsbehörde damit begnügte zu betonen, dass eine extreme Konsolidierung innerhalb von Branchen zu einer Konzentration von Risiken führe und damit die nationale Verteidigung schwäche sowie disruptive Innovationen historisch von Außenseitern und nicht von großen, etablierten Unternehmen ausgegangen seien, fielen die Reaktionen unter Demokraten im Kongress heftiger aus.
Aufschrei unter Demokraten
Alexandra Ocasio-Cortez, einflussreiche Vertreterin des linken Parteiflügels im US-Repräsentantenhaus, schrieb auf der Plattform X (ehemals Twitter): „Wenn sich irgendjemand Lina Khan auch nur nähert, wird es eine regelrechte Schlägerei geben. Und das ist ein Versprechen.“ Damit warnte Ocasio-Cortez auch andere vermögende Parteispender, sich für eine Ablösung Khans starkzumachen. Bernie Sanders, der als unabhängiger Senator den Staat Vermont vertritt, drückte sich diplomatischer aus: Er betonte ebenfalls auf X, Cuban liege mit seiner Einschätzung falsch. Khan sei „die beste FTC-Vorsitzende der Moderne“.
Allerdings steht der streitbare Cuban mit seiner Haltung zu Khan im demokratischen Lager nicht allein da. Im Sommer hatte sich mit dem Linkedin-Mitgründer Reid Hoffman bereits ein prominenter Harris-Unterstützer für einen Wechsel an der Spitze der Wettbewerbsbehörde ausgesprochen. Und andere Wirtschaftsköpfe werfen Khan Befangenheit vor, weil sie schon zu ihren Studienzeiten in Yale mit einem Aufsatz über kartellrechtliche Probleme um Amazon von sich reden gemacht hatte.
Angriff mit Online-Apotheke
Cuban stören die Positionen der FTC-Chefin laut Kritikern indes weniger, wenn er aus ihnen Nutzen ziehen kann. So lobte er ausdrücklich ihr Vorgehen gegen sogenannte Pharmacy Benefit Manager (PBM) – Mittelsmänner in der Pharmabranche, die mit Medikamentenherstellern Großabnehmerrabatte aushandeln und diese nur in Teilen an ihre Kunden weiterreichen oder diesen sogar Aufschläge abverlangen. Die FTC hat die größten US-Firmen dieser Art im vergangenen Monat verklagt, weil diese Insulinpreise künstlich in die Höhe getrieben haben sollen. Cuban arbeitet sich schon seit zwei Jahren öffentlich an den PBMs ab und gründete im Januar 2022 mit Cost Plus Drugs eine Online-Apotheke, die sich direkt an Konsumenten richten und die Mittelsmänner überspringen soll.
Auch sonst sind dem Sportfan, der im Jahr 2000 für 285 Mill. Dollar eine Mehrheitsbeteiligung an den Dallas Mavericks erwarb, progressive Positionen nicht fremd. Bei den Präsidentschaftswahlen 2008 stimmte er nach eigenen Angaben für den späteren Sieger Barack Obama, den er im Anschluss auch gegen Angriffe Donald Trumps verteidigte. 2020 äußerte er seine Unterstützung für den damaligen Kandidaten und heute amtierenden Präsidenten Joe Biden, nachdem er 2016 angeblich eine mögliche Position innerhalb der Administration von dessen Amtsvorgänger Trump ausgeschlagen hatte.
Schlagabtausch mit Musk
Im laufenden Jahr lieferte sich Cuban auf X einen viel beachteten Schlagabtausch mit Elon Musk, dem Eigentümer der Social-Media-Plattform, der zu den prominentesten Trump-Unterstützern zählt. Cuban trat dabei für Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion (Diversity, Equity and Inclusion, DEI) ein – also die Förderung lange Zeit nachteilig behandelter Gruppen innerhalb von Unternehmen und Organisationen. Dem Unternehmer aus Pittsburgh schlug darauf auf der Plattform viel antisemitischer Hass entgegen.
Er kanzelte X daraufhin als „Platz, der statt für Diskussionen und Debatten zum Streiten da ist“, ab. Den Platz zum Streiten hat der Start-up-Investor nun auch innerhalb der Demokratischen Partei vergrößert.