Innenpolitik

Mini-Kabinettsumbildung hilft Rishi Sunak wenig

Eigentlich wollte Premierminister Rishi Sunak durch die Besetzung des Verteidigungs- und des Energieressorts mit loyalen Anhängern für etwas Stabilität im Kabinett sorgen. Doch Bildungsministerin Gillian Keegan hat durch leichtfertige Äußerungen eine neue Welle der Empörung über die regierenden Tories in Gang gesetzt.

Mini-Kabinettsumbildung hilft Rishi Sunak wenig

Mini-Kabinettsumbildung hilft Rishi Sunak wenig Bildungsministerin sorgt für Empörung

hip London

Der britische Premierminister Rishi Sunak (43) hat zwei treue Anhänger in wichtige Ministerien gehievt. Doch Bildungsministerin Gillian Keegan (55) sorgte durch unbedachte Äußerungen für eine neue Woge der Empörung gegen seine Regierung, bevor er die neu gewonnene Stabilität seines Kabinetts genießen konnte.

Nachdem der an der Parteibasis sehr beliebte Verteidigungsminister Ben Wallace aus familiären Gründen seinen Rücktritt eingereicht hatte, betraute Sunak seinen Gefolgsmann Grant Shapps (54) mit diesem Ressort. Es ist bereits der fünfte Kabinettsposten, den er innerhalb von zwei Jahren innehatte. Der Absolvent der Manchester Polytechnic gilt als effizient und loyal. Nachdem ihn Boris Johnson zum Verkehrsminister machte, fungierte der Bruder des Keyboarders der britischen Band Big Audio Dynamite in den letzten Tagen der Regierung von Liz Truss als der Innenminister mit der kürzesten Amtszeit in der Geschichte des Landes. Unter Sunak, den er im Kampf um die Parteiführung sowohl gegen Johnson als auch gegen Truss unterstützt hatte, wurde er Minister für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie. Wenige Monate später wurde sein Zuständigkeitsbereich auf Energiesicherheit und „Net Zero“ eingedampft, während die an der Basis ebenfalls beliebte Kemi Badenoch das Wirtschaftsministerium übernahm.

Nun also Verteidigung – angeblich wurde er ausgewählt, weil von ihm bei schwierigen Budgetentscheidungen zuungunsten des Militärs kein lautstarker Widerstand zu erwarten ist. Wallace war dagegen stets bereits, Kontra zu geben. Claire Coutinho (38), die das von Shapps geräumte Energieministerium übernimmt, arbeitete für Sunak als Beraterin, als dieser noch als Chief Secretary of the Treasury tätig war. Nach ihrem Einzug ins Unterhaus wurde die Brexit-Befürworterin seine Privatsekretärin (Parliamentary Private Secretary). Coutinho arbeitete vor ihrem Einstieg in die Politik für die US-Investmentbank Merrill Lynch und dürfte das Thema Klimaschutz mit anderen Augen sehen als die Teile der konservativen Partei, die sich, wie der ehemalige Umweltstaatssekretär Zac Goldsmith, einer emotional aufgeladenen Naturromantik verschrieben haben. Sie sprach sich gegen die Ausweitung der Londoner Ultraniedrigemissionszone aus - ein Lieblingsprojekt des Labour-Bürgermeisters Sadiq Khan. Es sei eine Steuer für diejenigen, die es sich am wenigsten leisten können, lautete ihr Urteil über das Vorhaben. Coutinho legt für das neue Amt ihre bisherige Position als Staatssekretärin im Bildungsministerium nieder.

Ihre Dienstherrin Keegan sorgte derweil für Ärger, weil sie sich nach einem ITV-Fernsehinterview zu baulichen Problemen an Schulgebäuden bei noch eingeschaltetem Mikrofon darüber beklagt hatte, dass ihr niemand sagte, sie habe „verdammt gute Arbeit geleistet, während alle anderen auf ihren Ärschen saßen und nichts taten“. Es ging um altbekannte Probleme mit dem Porenbeton RAAC, der bis in die 1990er-Jahre verbaut wurde. Er ist einerseits günstiger als herkömmlicher Beton und leichter zu verarbeiten, hat aber andererseits nur eine Lebensdauer von rund 30 Jahren. Wegen Einsturzgefahr begann das neue Schuljahr nun für viele Schüler mit Unterricht in Zelten und mobilen Toiletten. Die Schuld daran tragen nicht allein die Tories. Schon unter Labour wurde das Thema vernachlässigt.

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