Italien

Ministerpräsident Draghi stellt Kabinett vor

Mario Draghi hat den Auftrag von Staatspräsident Sergio Mattarella angenommen und am Freitagabend seine Regierungsmannschaft vorgestellt. Anders als erwartet besteht die neue Regierung überwiegend aus Vertretern der politischen Parteien, vor allem...

Ministerpräsident Draghi stellt Kabinett vor

Von Gerhard Bläske, Mailand

Mario Draghi hat den Auftrag von Staatspräsident Sergio Mattarella angenommen und am Freitagabend seine Regierungsmannschaft vorgestellt. Anders als erwartet besteht die neue Regierung überwiegend aus Vertretern der politischen Parteien, vor allem des sozialdemokratischen PD und der Mitte-Rechts-Partei Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi. Die größte Partei im Parlament, die 5-Sterne-Bewegung, ist stark unterrepräsentiert, stellt aber mit Luigi Di Maio wie bisher den Außenminister. Beobachter hatten erwartet, dass die Repräsentanten der politischen Parteien, die mit Ausnahme der postfaschistischen Fratelli d’Italia alle die Regierung unterstützen, weniger Gewicht haben würden.

An einigen Schlüsselpositionen hat Draghi parteilose Fachleute platziert. Neuer Wirtschafts- und Finanzminister wird sein enger Vertrauter Daniele Franco, 67, derzeit als Generaldirektor die Nummer 2 bei der Banca d’Italia. Franco hat den Großteil seines Berufslebens bei der Notenbank verbracht, war jedoch auch einige Jahre bei der EU-Kommission. Marta Cartabia, frühere Präsidentin des Verfassungsgerichts, wird Justizministerin, die ebenfalls parteilose Luciana Lamorgese bleibt Innenministerin. Das neue Superministerium für den ökologischen Wandel erhält der Physiker Roberto Cingolani, langjähriger Leiter des Genueser Forschungsinstituts Istituto Italiano di Tecnologia (IIT). Cingolani war zuletzt CTO des Rüstungskonzerns Leonardo und spricht auch Deutsch: Von 1989 bis 1991 arbeitete er am Stuttgarter Max-Planck-Institut für Festkörperforschung. Auch an der Spitze des Ministeriums für die digitale Transformation steht mit Ex-Vodafone-CEO Vittorio Colao ein Parteiloser.

Wichtigste Politiker in der Regierung sind neben Di Maio Giancarlo Giorgetti, Vize-Chef der Lega, als Industrieminister, der frühere Präsident des EU-Parlaments und Ex-EU-Kommissar Antonio Tajani, der für die öffentliche Verwaltung zuständig ist, und der neue Arbeitsminister Andrea Orlando von der PD, der unter der Linksregierung von Enrico Letta Umweltminister war. Verteidigungsminister bleibt Lorenzo Guerini, ebenfalls PD.

Nachdem sich die 5-Sterne-Bewegung in einer Mitgliederbefragung am Donnerstag für eine Regierungsbeteiligung ausgesprochen und damit Draghi eine sehr große Mehrheit im Parlament gesichert hatte, ließ sich der künftige Premierminister mit der Vorstellung seines Kabinetts am Freitag Zeit. Er ließ sich den ganzen Freitag über nicht in die Karten blicken. Während das alte Kabinett unter Premierminister Giuseppe Conte in seiner letzten Sitzung diverse Coronarestriktionen verlängerte, arbeitete Draghi an seinem Regierungsprogramm und der Liste seiner Ministermannschaft. Dabei sprach er sich eng mit Mattarella ab. Völlig ungewohnt für Italien gab es diesmal nicht das übliche Postengeschacher. Draghi hörte einfach nicht auf die Einflüsterungen der vielen Parteien, die ihn unterstützen.

Der vor neun Tagen mit der Regierungsbildung beauftragte Draghi will nun schnell loslegen. Die neue Regierung soll am heutigen Samstag vereidigt werden. Anders als in den letzten beiden Regierungen seit 2018, als gerade Unerfahrenheit und Inkompetenz als Plus galten, weil etwa 5-Sterne-Gründer Beppe Grillo der Auffassung ist, jeder könne Minister werden, setzt Draghi nun weitgehend auf Sachverstand. Ein detailliertes Programm will der neue Premierminister erst am Dienstag und Mittwoch vorlegen, wenn sich seine Regierung in den beiden Häusern des Parlaments einer Vertrauensabstimmung unterzieht.