Kevin McCarthy

Mit Wankelmut an die Spitze

15 Wahlgänge benötigte Kevin McCarty, um sich zum Sprecher des US-Repräsentantenhauses wählen zu lassen. Den äußersten Rechten in seiner Partei war der Republikaner zu liberal. Dabei ist es gar nicht so einfach zu definieren, wofür McCarthy politisch steht.

Mit Wankelmut an die Spitze

Er ist der amerikanische Karrierepolitiker schlechthin: Telegen, redegewandt, mit jenen perfekt frisierten, grau melierten Haaren, die ihm den Anschein einer Seriosität geben, die viele seiner politischen Gegner Kevin McCarthy (57) absprechen. Nun wird der kalifornische Republikaner endlich seinen Traumjob antreten: Als „Speaker of the House“ – das ranghöchste Mitglied des US-Repräsentantenhauses – und Nachfolger der mächtigen Demokratin Nancy Pelosi. Leicht wird er es aber nicht haben. Denn nach den Schlappen bei den Kongresswahlen und McCarthys zahlreichen Abstimmungsniederlagen sind die Konservativen so gespalten wie selten zuvor.

McCarthy, der irisch-italienischer Abstammung ist, wuchs in Bakersfield, Kalifornien in einer Familie auf, die der Abgeordnete als „untere Mittelschicht“ bezeichnet. Seine Mutter kümmerte sich um die Familie, während der Vater als Feuerwehrmann arbeitete. An der California State University erwarb er einen Masters Abschluss in Marketing. Das Verkaufstalent machte sich prompt in seiner politischen Laufbahn bemerkbar. Mit einer draufgängerischen Mentalität profilierte er sich im Stab des Kongressabegrodneten Bill Thomas, diente sich hoch zum Chef der „Jungen Republikaner“ und wurde zu mehreren Positionen als Kommunalpolitiker gewählt. Sein großer Durchbruch dann 2006, als er erstmals in das US-Repräsentantenhaus einzog. Nur acht Jahre später brachte es der Senkrechtstarter zum republikanischen Mehrheitschef.

Ungenierter Opportunismus

Trotz der steilen Karriere steht McCarthy häufig im Kreuzfeuer der Kritik. Denn der Erfolg lässt sich nicht zuletzt auf seinen ungenierten Opportunismus zurückführen. So hatte er als Kommunalpolitiker Abtreibungsrechte unterstützt, lehnt sie seit der Wahl in den Kongress aber kategorisch ab. Auch sprach er sich während des Kriegs für Ukraine-Hilfe aus, sagt nun aber, dass es unter seiner Ägide „keinen Blankoscheck“ für Kiew geben werde. Auffallend auch McCarthys wankelmütige Position zum früheren Präsidenten Donald Trump. Lange Zeit unterstützte er dessen Lüge einer gestohlenen Wahl und hatte selbst nach dem gescheiterten Putschversuch im US-Kapitol private Audienzen mit Trump in Mar-a-Lago. Dann die Kehrtwende: Tatsächlich habe Biden die Wahl gewonnen.

Am Ziel seiner beruflichen Ambitionen angelangt werden die nächsten beiden Jahre aber nicht leicht sein. Um die notwendigen Stimmen zu bekommen, musste er gegenüber dem rechten Parteiflügel bedeutende Konzessionen machen. Insbesondere hat McCarthy die Rechten ermächtigt, ihn relativ leicht abwählen zu können, sollte er nicht nach deren Pfeife tanzen. Ferner ist er damit einverstanden, dass Untersuchungen in den angeblich „zu harten“ Umgang mit den Randalierern vom 6. Januar 2021 eingeleitet werden.

Aber selbst diese Konzessionen reichten jenen Rebellen, die 14 Mal gegen ihn stimmten, nicht aus. Folglich machte er vor den letzten Wahlgängen am Freitagabend weitere Zugeständnisse: McCarthy versprach, dass sein Spendenkomitee (“Super Pac“) künftig darauf verzichten würde, bei Wahlen gegen rechtsextreme Kandidaten zu Feld zu ziehen. Auch versprach er Trumpisten im Kongress Sitze in einflussreichen Ausschüssen. Die Rechtsextremen zu beschwichtigen, war schwer genug. Nun geht es aber auch darum, mit Biden und den Demokraten zusammenzuarbeiten, um eine Anhebung des staatlichen Schuldenlimits auszuhandeln und eine Staatspleite abzuwenden. Ein „Traumjob“ also mit vielen Fallstricken.

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