Miyamoto bringt Mario aufs Smartphone
Von Martin Fritz, TokioZweimal binnen drei Wochen ist “Super Mario” ein weltweiter PR-Coup gelungen: Bei der Schlusszeremonie der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro schälte sich Japans Premierminister Shinzo Abe aus einem Mario-Kostüm mit der berühmten roten Mütze heraus. Die Videospiel-Figur symbolisierte die Hauptstadt Tokio als Austragungsort der nächsten Spiele im Jahr 2020. Mario verkörperte also Japan, obwohl es sich um die Galionsfigur des Spielekonzerns Nintendo handelt. Der nächste PR-ErfolgAm Mittwoch gelang dem Klempner mit dem Schnauzbart der nächste PR-Erfolg. Bei der Präsentation des iPhone 7 ließ Apple-CEO Tim Cook die vertraute Spielefigur über die Leinwand hüpfen und bat den “Vater von Mario”, Shigeru Miyamoto, auf die Bühne. Der Japaner sprach mit starkem Akzent zwei Sätze auf Englisch, bevor er in seine Muttersprache wechselte und sich dolmetschen ließ. Aber die Überraschung war gelungen: Super Mario kommt von Dezember an in gleich 100 Ländern aufs iPhone und später für Android-Geräte.Der Auftritt der Videospiel-Legende Miyamoto ausgerechnet beim Smartphone-Erfinder Apple illustriert das ganze Dilemma von Nintendo. Einerseits muss der Konzern aus Kyoto mit seinen Spieleimperien wie “Super Mario” auf dem Smartphone präsent sein, um in Kontakt mit den jüngeren Generationen zu kommen. Andererseits ist das Smartphone mit seinen überwiegend kostenlosen und mangels externer Steuerung recht simplen Videospielen die Ursache für den Niedergang des traditionellen Geschäfts der Japaner mit Konsolen und Spielekassetten.Den Widerspruch hat Nintendo aufgelöst, indem sie Miyamoto und seine Mario-Entwickler damit beauftragte, das Spiel an das Smartphone anzupassen. Daher rast der Gokart mit Mario – anders als in der Konsole – selbständig über die Bahn. Der Spieler kann die Figur einhändig über Hindernisse springen lassen und Münzen einsammeln.Der schüchterne Miyamoto beschrieb die Begegnung mit Cook als “schockierend”. Der Apple-Chef habe ihm erzählt, er habe Miyamotos Spiele als Student gespielt. Dadurch sei ihm plötzlich sein Alter bewusst geworden, sagte Miyamoto dem “Time”-Magazin. Tatsächlich wird der jugendlich wirkende Japaner im November 64 Jahre alt und ist fast acht Jahre älter als Cook. Seinen Ruhm begründete er vor 35 Jahren mit dem Spielautomaten-Titel “Donkey Kong”. Dessen Figur Jumpman entwickelte er als “Mario” zu einer eigenständigen Spieleserie und legte damit die Basis für den Welterfolg von Nintendo. Zusammen mit Takashi Tezuki erfand Miyamoto auch den Spieleklassiker “Legende von Zelda”. Miyamoto ist vor allem ein Künstler, der eigene Erfahrungen und Erinnerungen in Elemente, Szenen und Strategien umsetzt. Wieder kreativNach dem frühen Tod von Konzernchef Satoru Iwata war er drei Monate bis September 2015 zusammen mit Genyo Takeda Geschäftsführer des Konzerns. Seitdem leitet er als Creative Fellow die Entwicklung neuer Spiele. Dabei ist das Smartphone nur ein Randaspekt. Denn im Frühjahr 2017 will Nintendo die neue Konsole NX auf den Markt bringen. Vor allem deren Verkaufsstart wollte Miyamoto mit seinem Auftritt in San Francisco vorbereiten helfen.