Übernahme von YNAP

Mytheresa-Chef Kliger steht vor Herkulesaufgabe

Die schiere Größe und die Ertragsschwäche des erworbenen Geschäfts lassen ahnen, welch schwieriger Job Mytheresa-Chef Michael Kliger mit der Integration von YNAP bevorsteht.

Mytheresa-Chef Kliger steht vor Herkulesaufgabe

Mytheresa-Chef Kliger steht
vor Herkulesaufgabe

hek Frankfurt
Von Helmut Kipp, Frankfurt

Mit Yoox Net-a-Porter (YNAP) übernimmt der Münchener Online-Luxusmodehändler Mytheresa eine Firma, die etwa doppelt so groß ist wie er selbst. Schon das ist ungewöhnlich. Hinzu kommt, dass der Käufer kein Geld bezahlt, sondern eine üppige Mitgift bekommt. Die schiere Größe und die Ertragsschwäche des erworbenen Geschäfts lassen ahnen, vor welcher Herkulesaufgabe Mytheresa-Chef Michael Kliger jetzt steht. Sanierung und Integration von YNAP werden Jahre dauern. Gerade die Zusammenführung der Logistik ist alles andere als trivial. „Wir werden viel Arbeit haben, aber die Chancen sind enorm“, sagt der 1967 geborene Manager.

Ex-McKinsey-Mann

Schon die Ausgangslage ist wenig komfortabel. Mytheresa wächst zwar ordentlich, aber unter dem Strich stehen rote Zahlen. Die um Sonderfaktoren adjustierte Marge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen erreichte im Geschäftsjahr 2023/24 mickrige 3,1%. Zwei Jahre vorher waren es schon mal 10% – ein Niveau, hinter dem auch die Margenprognose für die laufende Rechnungsperiode von 3 bis 5% (ohne YNAP) weit zurückbleibt.

Als ehemaliger McKinsey-Mann kennt Kliger das Einmaleins der Restrukturierung. Das wird hilfreich sein für die Integration von YNAP. Auch mit der Welt des Handels ist Kliger gut vertraut. Im klassischen stationären Einzelhandel arbeitete er als Chief Operating Officer der Supermarktkette Real, und bei Ebay Enterprises, wo er als Vizepräsident für Europa und Asien/Pazifik fungierte, tauchte er tief in die digitale Welt ein. Zwischen diesen beiden Berufsstationen war Kliger Managing Partner der Investmentfirma First Capital und kehrte als Executive Director bei Accenture ins Beratungsgeschäft zurück. Bei McKinsey, wo von 1992 bis 2004 arbeitete, brachte er es zum Partner und Leiter der deutschen Retail-Praxis.

Absturz an der Börse

Seit März 2015 steuert Kliger, der einen MBA der Kellogg School of Management und einen Abschluss in Marketing und Finanzen der Technischen Universität Berlin besitzt, als CEO den Onlineshop Mytheresa, der Designermarken wie Gucci, Saint Laurent, Prada, Burberry, Dolce&Gabbana und Valentino an eine einkommensstarke, zumeist weibliche Klientel vertreibt. Highlight war sicher das IPO an der Wall Street im Januar 2021. Damals waren Aktien von Onlinehändlern infolge der Corona-Pandemie das Nonplusultra an der Börse, was dazu führte, dass die ursprüngliche Preisspanne von 16 bis 18 Dollar hochgesetzt wurde und die Hinterlegungsscheine der Obergesellschaft MYT Netherlands monatelang um 30 Dollar notierten.

Hauptquartier von Mytheresa bei München. Foto: Mytheresa

Doch mit dem folgenden Absturz löste sich der Großteil der Marktkapitalisierung in Luft auf. Kurz vor Bekanntgabe der geplanten YNAP-Übernahme brachte Mytheresa nur noch 360 Mill. Dollar Börsenwert auf die Waage. Seither hat er sich fast verdoppelt – der Deal kommt also gut an bei Investoren. Den bisherigen YNAP-Eigentümer Richemont wird es freuen. Denn der Schweizer Luxusgüterkonzern ist künftig mit einem Drittel an Mytheresa beteiligt.

Effizienz muss steigen

Der neu formierte Luxus-Retailer kommt auf 3 Mrd. Euro Bruttoverkaufsvolumen. Für Kliger geht es vor allem darum, die Komplexität rauszunehmen und die Effizienz zu steigern. Die Voraussetzungen dafür bringt der CEO mit. Denn er ist ein Zahlenmensch, kein überdrehter Marketingmann. Damit hebt er sich in der oft ein wenig spleenig daherkommenden Modewelt ab. Kliger steuert das Unternehmen nach KPIs, also den wichtigsten Performance-Indikatoren. Offenbar wirkt da die McKinsey-Vergangenheit nach.