Nestlé tauscht Chef der Tochter Skin Health aus
Von Daniel Zulauf, ZürichDer künftige Nestlé-Chef Ulf Mark Schneider wirbelt offenbar schon tüchtig beim weltgrößten Lebensmittelkonzern aus der Schweiz, obwohl er erst in der Anlernphase steckt. Gestern teilte das Unternehmen überraschend den Abgang des erst 55-jährigen Brasilianers Humberto Antunes als Chef der 2014 formierten Tochter Nestlé Skin Health mit. Sein Nachfolger wird der Franzose Paul Navarre. Die Stabübergabe findet bereits in drei Wochen statt.Navarre wird als Idealbesetzung für die im großen Nestlé-Verbund zwar kleine, aber besonders vielversprechende Gesellschaft angepriesen. Er besitze die idealen Voraussetzungen, um Nestlé Skin Health “auf die nächste Stufe” zu führen, heißt es. Was das konkret bedeutet, vermag ein Konzernsprecher auf Anfrage nicht zu präzisieren. Klar ist aber, Skin Health ist das Steckenpferd von Noch-Verwaltungsratspräsident Peter Brabeck-Letmathe, der im Frühling seinen Posten an den aktuellen CEO Paul Bulcke übergeben wird. Die beiden haben vor gut zwei Jahren direkt und indirekt mehr als 4 Mrd. sfr in den Ausbau der eigenen Dermatologie-Sparte investiert und scheinen mit den bisherigen Resultaten wenig glücklich zu sein. Das ist jedenfalls die Meinung von Jean-Philippe Bertschy, Finanzanalyst bei der Züricher Bank Vontobel. Für ihn ist der überraschende Chefwechsel an der Spitze von Skin Health ein Zeichen dafür, dass das Geschäft “schlecht” läuft. Nach Definition von Nestlé bedeutet schlecht im Fall von Skin Health weniger als 10 % Umsatzwachstum im Jahr. 10 % sind im internen Konzernvergleich zwar immer noch ein sehr stattlicher Wert – Nestlé strebt ein Wachstum aus eigener Kraft von um die 5 % an -, doch um dieses Tempo zu halten, braucht das Riesenunternehmen nebst seinem soliden und ertragreichen, aber wenig dynamischen Nahrungsmittelgeschäft unbedingt Felder mit weit überdurchschnittlichen Expansionsraten. Ein solches Feld war in den vergangenen Jahren Nespresso. Das Geschäft mit den Kaffeekapseln und den dazu passenden Maschinen ist in der jüngeren Vergangenheit aber etwas aus dem Tritt geraten. Nicht zufällig sprach Brabeck-Letmathe über Skin Health als neue Nespresso-Story im Nestlé-Reich.Dieser Optimismus des mächtigen Präsidenten war ungebrochen, als er die Plattform für Skin Health schuf; das ist zweieinhalb Jahre her. Die Plattform besteht aus der in Lausanne ansässigen Firma Galderma, aus der Nestlé im Rahmen eines über 30-jährigen paritätischen Joint Ventures mit dem französischen Kosmetikriesen L’Oréal ein Unternehmen mit rund 5 000 Mitarbeitern und 1,7 Mrd. sfr Umsatz geformt hatte. Nestlé erwarb den L’Oréal-Anteil an Galderma im Februar 2014 und zahlte die Rechnung von rund 3 Mrd. sfr aus dem Eigenbestand an L’Oréal-Aktien.Nur wenige Monate später erwarb Nestlé für 1,4 Mrd. Dollar die nordamerikanischen Vertriebsrechte von Valeant Pharma für deren Sortiment im Bereich der ästhetischen Dermatologie. Damit ist Nestlé im Fahrwasser des unbestrittenen Marktführers Allergan in ein zwar stark wachsendes und heiß umkämpftes Gebiet eingedrungen, das aber offenbar eigene Spielregeln kennt.Navarre ist seit 2007 in verschiedenen Funktionen für Allergan tätig. Offenbar erhofft man sich in Vevey neue Erkenntnisse von ihm, wie das Geschäft zu führen ist. Über die Klinge springen muss dafür Antunes, der 19 Jahre für Galderma tätig war und das Unternehmen seit 2004 als CEO leitet.