Neuer Diehl-Chef Tragl will Transformation vorantreiben
sck – Für Karl Tragl fiel die sonst übliche Schonfrist von 100 Tagen für neue Konzernlenker aus. Bereits 64 Tage nach seinem Amtsantritt als Vorstandschef der Diehl-Gruppe musste der promovierte Ingenieur die Bilanz des Familienunternehmens der Öffentlichkeit präsentieren. Dabei wurde deutlich, dass der 56-jährige CEO die Leitung eines rund 17 200 Mitarbeiter zählenden Konzerns übernommen hat, dem es im Kern recht gut geht. Die Zahlen 2017 der nicht börsennotierten Firma können sich sehen lassen: Umsatzzuwachs von 10 % auf rekordhohe 3,75 Mrd. Euro, Anstieg des Ergebnisses vor Zinsen und Steuern (Ebit) um mehr als die Hälfte auf 274 Mill. Euro – und das trotz der deutlich auf 307 (i.V. 246) Mill. Euro gekletterten Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen vor allem wegen Flugzeugkabinen. Für das laufende Jahr strebt das Industriekonglomerat, welches neben Komponenten für Jetinnenräume unter anderem Munitionszünder, Wasserzähler, Lenkflugkörper und elektronische Steuerungen produziert, ein leichtes Umsatzplus auf 3,8 Mrd. Euro bei “nahezu gleichem Ergebnisniveau” an. Das Auftragsbuch ist voll. Die gute Konjunktur gibt Diehl Rückenwind. Der Erlösanteil des Rüstungsgeschäfts macht rund 10 % aus. Diehl hat sich bereits vor Tragls Amtsantritt zum 1. Mai die “digitale Transformation” auf die Fahnen geschrieben. Der Neue an der Konzernspitze sieht sich in der Pflicht, den festgelegten Weg fortzuführen. “Mein Herz schlägt für Industrie 4.0 und die Digitalisierung”, sagte der verheiratete Vater von fünf Kindern zur Vorlage der Geschäftszahlen am Firmensitz in Nürnberg laut dpa-afx. Er wolle das Unternehmen nachhaltig weiterentwickeln, mit stetigen Innovationen und stärkerer Internationalisierung. Das impliziert nicht nur Wachstum aus eigener Kraft, sondern auch Mithilfe von Zukäufen. Ein ähnliches Digitalisierungskonzept verfolgt ebenso Großabnehmer Airbus. Somit folgt Tragl einem Trend, dem sich kein Unternehmen mehr entziehen kann. Ungeachtet dessen braucht der CEO noch Zeit, um sich ein vollständiges Bild von der Lage des Konzerns zu machen – “bevor ich sagen kann, was es an Veränderungen und strategischen Themen geben kann”, so Tragl. Der frühere Siemens-Manager und Ex-Chef von Bosch Rexroth ist seit einem Vierteljahrhundert der erste Diehl-CEO, der nicht von der gleichnamigen Unternehmerfamilie stammt. Tragl, selbst Franke, trat die Nachfolge von Thomas Diehl an, der im April 2017 im Alter von 66 Jahren verstarb. Tragls Vorgänger agierte noch als Vorstandsvorsitzender, womit die besondere Stellung des Familienmitglieds an der Konzernspitze hervorgehoben wurde. Tragl bekam einen Vertrag als Vorstandssprecher. Der Aufsichtsrat brauchte für die Suche eines neuen CEO über ein Jahr. Der Diehl-Clan ließ sich Zeit, um einen aus seiner Sicht geeigneten Manager zu finden. In der Zwischenzeit übernahm Finanzchef Wolfgang Weggen die Aufgaben des CEO zusätzlich. Seit dem Wechsel agiert er als Tragls Stellvertreter.