Neuer Osram-Vorstandschef Berlien von ThyssenKrupp geprägt
Von Andreas Heitker, DüsseldorfEs ist erst wenige Wochen her, dass die M + W Group mit Anzeigen in der Presse auf sich und ihren prominenten Konzernchef Dr. Olaf Berlien aufmerksam gemacht hat. Dass die Ära Berlien sich lediglich als kurze Übergangsperiode herausstellen würde, war dem Anlagenbauer damals noch nicht klar gewesen. Berlien wird allerdings nach nur einem Jahr in Stuttgart nun nach München wechseln: Im Januar wird der Betriebswirt neuer Vorstandsvorsitzender des Lichtherstellers Osram und wird dort zusätzlich auch noch das Technologieressort übernehmen.Für seine 52 Jahre hat der gebürtige Berliner bereits eine lange Karriere mit Führungsverantwortung hinter sich. Er startete als kaufmännischer Leiter im elterlichen Betrieb, war dann Planungsleiter bei IBM Deutschland Entwicklung in Stuttgart und Chef-Controller beim Heiztechnikkonzern Buderus, bevor er zu Carl Zeiss wechselte, wo er sechs Jahre lang arbeitete und erstmals auch in den Vorstand berufen wurde, wo er die Finanzen verantwortete. CEO-Kandidat bei Thyssen2002 – Berlien war damals erst 39 Jahre alt – folgte der Wechsel zum Dax-Unternehmen ThyssenKrupp. Im Ruhrkonzern galt er von Anfang an als möglicher Nachfolgekandidat für den langjährigen Vorstandsvorsitzenden Prof. Dr. Ekkehard Schulz. In dem mehrjährigen Schaulaufen, in dem sich Berlien unter anderem gegen seine damaligen Mitbewerber im Vorstand Edwin Eichler, Karl-Ulrich Köhler (heute Tata Steel) und anfangs auch Prof. Dr. Stefan Kirsten (heute Deutsche Annington) beweisen musste, machte er auch eine gute Figur: War Berlien anfangs für die Ressorts Controlling und Mergers & Acquisitions verantwortlich, zeigte er später vor allem bei der Neuaufstellung und Entwicklung des Technologiegeschäfts ein feines Händchen. Mit Sanierungen vertrautBerlien schaffte es, die Aufzugssparte Elevator zu einer wachstumsstarken Säule im Konzern auszubauen. Das quälende Transrapid-Abenteuer wurde beendet und das kriselnde Werftengeschäft restrukturiert. Dazu gehörte der Verkauf der griechischen Werft HSY ebenso wie der weitgehende Rückzug aus dem Handelsschiffbau.Berlien verlegte seinen Wohnsitz für einige Zeit sogar nach Dubai, um von hier aus das Geschäft rund um Maschinen- und Anlagenbau und Aufzüge in Nahost vor Ort voranzubringen. Als der Führungswechsel bei ThyssenKrupp anstand, kam dann aber doch alles ganz anders als von ihm erhofft. Der Aufsichtsrat unter der Führung von Dr. Gerhard Cromme entschied sich, den Schulz-Nachfolger bei Siemens abzuwerben. Den Zuschlag erhielt 2011 Dr. Heinrich Hiesinger.Die Zusammenarbeit Hiesinger/Berlien hielt nur gut ein Jahr. Ende 2012 wurde dem Technologiechef ebenso wie seinen Vorstandskollegen Eichler und Dr. Jürgen Claassen der Stuhl vor die Tür gestellt. Auch Berlien stolperte im Endeffekt über die Fehlinvestitionen von ThyssenKrupp im amerikanischen Stahlgeschäft – ein Bereich, den er selbst nie geführt hatte, für den er nun aber als langjähriger Vorstand mit in die Verantwortung genommen wurde. Eine neue Prüfung der Sparte Steel Americas hatte vor zwei Jahren nämlich gezeigt, dass ein wesentlicher Grund für die Fehlentwicklungen gewesen war, dass der damalige Vorstand zu optimistische oder im Nachhinein sogar falsche Annahmen und Kennzahlen bei den Projekten zugrunde gelegt hatte. Genauso wichtig war allerdings, dass Hiesinger einen kompletten Neustart des Dax-Konzerns forderte – in kultureller, aber auch in personeller Hinsicht. Damit war auch Berlien dann nicht mehr zu halten gewesen.Seine mehr als zehn Jahre im ThyssenKrupp-Vorstand und die dort erlebten ständigen Um- und Restrukturierungsarbeiten dürften dem umtriebigen Manager, der sich auf Mitarbeiterfesten auch gerne einmal selbst an den Grill stellt und seine Würstchen dann vom berühmt-berüchtigten Berliner Imbiss “Curry 36” einfliegen lässt, nun auch bei Osram zugute kommen. Der Münchener Konzern befindet sich mitten im Sanierungs- und Schrumpfungsprozess. Erst im Sommer war ja der Abbau von weiteren 8 000 Stellen verkündet worden, den Berlien nun ebenso managen muss wie den starken Wettbewerbsdruck im Zukunftsgeschäft LED.Bei Osram hofft der Aufsichtsrat, dass einem von außen geholten Manager eher die Neuausrichtung gelingt. “Mit Olaf Berlien konnten wir einen Manager und Strategen gewinnen, der über umfassende Erfahrung in sich stark wandelnden Technologiemärkten verfügt”, betonte Chefkontrolleur Peter Bauer. Technologie-VerantwortungBerlien folgt im Unternehmen auf Wolfgang Dehen, dessen eigentlich noch bis März 2016 laufender Vertrag nun vorzeitig endet. Der 62 Jahre alte Dehen hatte dem Aufsichtsrat allerdings ohnehin schon angekündigt, keine weitere Vertragsverlängerung mehr anzustreben. Und er hatte schon im Vorfeld zudem seine Bereitschaft gezeigt, auch vorzeitig abzutreten, sollte ein geeigneter Nachfolger schon entsprechend früher gefunden werden.Mit der jetzt erfolgten Berufung von Berlien hat sich auch die noch offene Nachfolgeregelung im Technikressort erledigt. Osram hatte sich im Juni von Technikvorstand Peter Laier getrennt. Grund waren unterschiedliche Auffassungen über die Führung und Ausrichtung der Geschäfte gewesen. Laiers Aufgaben waren dann vorübergehend von Vorstandschef Dehen und Finanzvorstand Klaus Patzak übernommen worden.