Olli Rehn 60
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Wer auch immer sich mit der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion beschäftigt, dürfte den Namen Olli Rehn nur zu gut kennen: Seit vielen Jahren prägt der Finne, der am Donnerstag seinen 60. Geburtstag feiert, das wirtschafts- und geldpolitische Geschehen in der Eurozone an entscheidenden Stellen mit. So war Rehn etwa als Kommissar für Wirtschaft und Währung von 2010 bis 2014 zentral an der Bekämpfung der Euro-Schuldenkrise beteiligt. Seit Juli 2018 führt Rehn nun die finnische Zentralbank und entscheidet somit im EZB-Rat mit über die Geldpolitik im Euroraum – ein Job, der gerade in den aktuellen Zeiten zwischen Rekordinflation und Ukraine-Krieg eine ganz besondere Herausforderung darstellt.
Wie bei seinen früheren Stationen hat sich Rehn auch im EZB-Rat schnell einen Namen gemacht. Zeitweise galt er sogar als möglicher Kandidat für die Nachfolge von Ex-EZB-Präsident Mario Draghi, ehe die EU-Staats- und -Regierungschefs Christine Lagarde für den Posten nominierten. Rehns Kompetenz wird ebenso geschätzt wie sein politisches Gespür und sein unprätentiöses und sympathisches Auftreten. Zugleich ist Rehn, der auch schon Abgeordneter im finnischen Parlament, Europaparlamentarier, Kabinettschef des damaligen EU-Kommissars Erkki Liikanen und Wirtschaftsminister seines Heimatlandes war, ein Mann mit starker Stimme und ebensolchen Vorstellungen. Seine Wortmeldungen finden im Rat wie außerhalb stets viel Gehör.
Taube, Falke, Fuchs und Igel
Im EZB-Rat verorten ihn viele Beobachter im Lager der sogenannten „Tauben“, die grundsätzlich für eine eher lockere Geldpolitik plädieren. Andere sehen ihn eher als Notenbanker der Mitte. Rehn selbst hält von dieser Einteilung in „Falken“ und „Tauben“ nichts. Vor einigen Jahren warb er bei einem Auftritt in Berlin dafür, lieber von Füchsen und Igeln zu sprechen. Währungshüter müssten stets beides sein: wendig und flexibel wie der Fuchs und gleichzeitig so beharrlich den eigenen Zielen – in diesem Fall der Preisstabilität – verpflichtet wie der Igel.
Mit Blick auf die aktuelle Lage betonte Rehn unlängst, dass sich die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem Beschluss zum beschleunigten Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik mehr Spielraum verschafft habe. Es sei ein Kompromiss, zu dem er stehe, so Rehn: „Wir bewahren und erhöhen in der Tat sogar die Bewegungsfreiheit.“ Mit Blick auf die noch nicht absehbaren Folgen des Kriegs in der Ukraine sagte er, in einem Umfeld weit verbreiteter Unsicherheit empfehle es sich, kleine Schritte umsichtig zu gehen. Es gelte zu warten, bis sich der Nebel gelegt habe. Der raschere Ausstieg aus den Käufen bedeute aber nicht, dass eine Zinserhöhung rasch folgen müsse.
Wenn sich Rehn, der 1996 in Oxford in Internationaler politischer Ökonomie promoviert hat und der Englisch, Französisch und Schwedisch spricht sowie Deutsch versteht, nicht gerade mit Europa und Geldpolitik beschäftigt, gilt seine große Leidenschaft neben Büchern, Rockmusik und Jazz vor allem dem Fußball. Seit seiner Kindheit spielt Rehn Fußball. Zwischen 1979 und 1983 war er sogar beim finnischen Club FC Mikkelin Palloilijat in der ersten Mannschaft aktiv und damit zeitweise in der höchsten finnischen Fußballliga. 1996/97 war er schließlich Präsident der Liga.