Der zweite sensationelle Erfolg von Hartmut Ostermann mit dem 1. FC Saarbrücken
Sensationeller Erfolg für den Präsidenten von der Saar
Von Joachim Herr, Frankfurt
Der FC Bayern München erlebte am 1. November sein blau-schwarzes Wunder. Jetzt hat der 1. FC Saarbrücken – Blau und Schwarz sind die Vereinsfarben – die nächste große Überraschung gegen einen Bundesligaklub geschafft: Die Saarländer besiegten am Mittwoch im Achtelfinale Eintracht Frankfurt mit 2:0. Schon in der zweiten Runde hatte Saarbrücken den erfolgsverwöhnten und haushohen Favoriten Bayern München mit einem 2:1-Sieg aus dem Wettbewerb geworfen. Ein Kader mit einem Marktwert von knapp 6,6 Mill. Euro und gerade einmal Elfter in der Tabelle der dritten Liga triumphierte über den Spitzenklub, dessen Kicker das Fachportal Transfermarkt.de auf gut 948 Mill. Euro taxiert. Die Eintracht kommt dort immerhin auf 188,5 Mill. Euro.
Die faustdicke Überraschung ist auch ein Erfolg für Hartmut Ostermann, schwergewichtiger Millionär mit einer Vorliebe für schwarze Kleidung und schillernde Figur im Saarland. Der 72 Jahre alte Unternehmer ist Aufsichtsratschef der von ihm gegründeten Victor's Group, aber auch Präsident und Sponsor des Vereins.
"Der Pate von der Saar"
Die Victor's Group – der Name prangt auf der Trikotbrust der Kicker von der Saar – zählt sich in der Altenpflege mit mehr als 120 Stätten und rund 18.500 Plätzen zu den führenden Anbietern hierzulande. Zu Ostermanns Portfolio gehören zudem Hotels an 14 Orten in Deutschland – von der 3-Sterne- bis zur 5-Sterne-Kategorie – sowie eine Anlage mit Ferienhäusern in Portugal. Geschäftszahlen nennt Victor's nicht, die Zahl der Beschäftigten wird mit mehr als 12.500 angegeben. Im Bundesanzeiger finden sich zwar Bilanzen einer Vielzahl von Gesellschaften der Gruppe, ein Überblick lässt sich aber nicht gewinnen. Den Grundstein für das Firmenkonglomerat hatte der gelernte Maschinenbautechniker 1977 mit seiner ersten Seniorenresidenz gelegt.
Auf eine Anfrage reagierte Ostermann nach dem Sieg gegen den FC Bayern nicht. Die "Saarbrücker Zeitung" beschrieb ihn schon vor etlichen Jahren als medienscheu und seine Unternehmensgruppe als kaum überschaubar. Dem "Spiegel" war "der Pate von der Saar" Anfang 2010 ein Porträt wert. Damals war Ostermann – als graue Eminenz des 1. FC Saarbrücken tituliert – auch Vorsitzender des FDP Kreisverbands Saarbrücken-Stadt. Er galt nicht nur als gewiefter Unternehmer, sondern auch als Strippenzieher in der Politik.
"Der heimliche Ministerpräsident"
Oskar Lafontaine spottete in jener Zeit im Landtag, nicht Peter Müller von der CDU sei Ministerpräsident in der schwarz-grün-gelben Koalition, vielmehr sei Ostermann der heimliche Regierungschef. "Wo hat dieser Kerl überall die Finger drin?", fragte Lafontaine, der von 1985 bis 1998 im Saarland regiert hatte. Ostermann saß im Koalitionsausschuss der "Jamaika"-Regierung, unterstützte alle drei Parteien mit Spenden. Später befasste sich ein Untersuchungsausschuss des Landtags mit den Finanzhilfen, ein Fehlverhalten wurde jedoch nicht festgestellt.
In Ostermanns Lebensbilanz stehen sogar einige Tage Untersuchungshaft. Die verbrachte er 2002 wegen Steuerhinterziehung. Das Landgericht Saarbrücken lehnte die Eröffnung eines Verfahrens ab, nach einer Selbstanzeige über nicht bezahlte Lohnsteuern von 17 Mill. Euro kam der Unternehmer straffrei davon. Auch in anderen Angelegenheiten beschäftigten sich Staatsanwälte mit Ostermann: Im Zusammenhang mit Anfragen zur "Jamaika"-Koalition wurde bekannt, dass im Oktober 2009 gleich fünf Ermittlungsverfahren gegen ihn an einem Tag eingestellt worden waren.
Sponsor auch für Soziales
Die Entschädigung für die Tage in Untersuchungshaft soll er gespendet haben. Als Sponsor tritt Ostermanns Victor's Group nicht nur im Sport auf, sondern auch für Soziales wie für die "Kinderhilfe Organtransplantation" und für Kulturelles, unter anderem für die "Musikfestspiele Saar".
Sportlich gesehen ist das 2:1 von Saarbrücken gegen die Bayern Ostermanns größter Erfolg der jüngsten Zeit. Der Verein war 1963 Gründungsmitglied der Bundesliga, stieg jedoch gleich ab. Es folgte ein Auf und Ab zwischen der ersten und fünften Spielklasse. Seit 2020 sind die Saar-Kicker immerhin drittklassig. Nach dem Sieg gegen Eintracht Frankfurt stehen sie im Viertelfinale des DFB-Pokals. Ende Januar geht es wieder gegen einen Bundesligaverein: Borussia Mönchengladbach.
Aktualisierte Version des Porträts, das am 2. November 2023 erstmals veröffentlicht wurde.
