Poppy Gustafsson besteht die Feuerprobe
Poppy Gustafsson besteht in Westminster die Feuerprobe
Von Andreas Hippin, London
Poppy Gustafsson (42) hat gerade ihre Feuerprobe als Politikerin bestanden. Die Gründerin des IT-Sicherheitsunternehmens Darktrace hatte den Job als Staatssekretärin an der Spitze des Office for Investment in der Regierung von Keir Starmer angenommen. Benjamin Wegg-Prosser, neben dem ehemaligen EU-Handelskommissar Peter Mandelson Mitgründer der Politberatung Global Counsel, hatte den Job zuvor ausgeschlagen.
Damit übernahm Gustafsson nur wenige Tage vor dem International Investment Summit in London die Verantwortung für die Veranstaltung, die für die neue Regierung einigermaßen gesichtswahrend verlief. Der größte Patzer war, die Konferenz vor die Veröffentlichung des Haushaltsentwurfs von Rachel Reeves zu legen. Potenzielle Investoren tappten also im Dunkeln, was ihre künftige Besteuerung angeht.
Karrierestart bei Deloitte
Gustafsson wuchs in Cambridgeshire auf. Ihr Vater hatte einen Agrarhandelsbetrieb, ihre Mutter arbeitete als Journalistin für „Farmers Weekly“. Sie besuchte die Hinchingbrooke School, auf die einst Oliver Cromwell ging, und spielte gerne Klavier. Danach studierte sie an der University of Sheffield.
Nach dem Abschluss fing sie bei Deloitte an. Später war sie für Amadeus Capital Partners tätig, die Risikokapitalgesellschaft von Arm-Mitgründer Hermann Hauser. Im Finanzkrisenjahr 2009 wechselte sie zu Mike Lynchs Softwareunternehmen Autonomy. Zwei Jahre später verkaufte Lynch die Firma für 11 Mrd. Dollar an Hewlett-Packard.
Gründung von Darktrace
Weil sich HP betrogen fühlte, folgten der Übernahme jahrelange rechtliche Auseinandersetzungen. Erst in diesem Sommer wurde Lynch von einem US-Gericht freigesprochen. Er starb kurz darauf beim Untergang seiner Yacht im Mittelmeer.
Gustafsson hob 2013 mit Nicole Egan, Emily Orton, Dave Palmer und Jack Stockdale Darktrace aus der Taufe. Das Ziel der Firma: Cyberangriffe mithilfe von künstlicher Intelligenz erkennen und unschädlich machen. Lynchs Vehikel Invoke Capital war der erste und größte Anteilseigner. Ab 2016 fungierte Gustafsson als CEO. Darktrace schätzt Tausende von Kunden weltweit vor Bedrohungen wie Ransomware oder Datenverlust.
IT-Sicherheit als gesellschaftliches Thema
Aus ihrer Sicht war der russische Angriff auf die Ukraine ein Wendepunkt in Sachen Cyberwar und für die weltweite Bedrohungsgesellschaft. Sie fordert eine gesamtgesellschaftliche Herangehensweise an das Thema Cybersicherheit. Es gebe eine schockierende Toleranz für Cyberattacken. Das müsse sich ändern.
Für ihre Verdienste um die IT-Sicherheit erhielt sie 2019 den Orden Order of the British Empire (OBE) verliehen. Danach sammelte sie Preise wie den Veuve Clicquot Business Woman Award oder war Vodafones Frau des Jahres in Sachen Technologie und Innovationen.
Ziel von Leerverkäufern
Vor drei Jahren brachte sie Darktrace in London an die Börse. Die Gesellschaft wurde immer wieder von Leerverkäufern aufs Korn genommen. Die Verbindung zu Lynch war dabei vor dessen Freispruch ein dankbares Thema. Dieses Jahr wurde Darktrace für 4,2 Mrd. Pfund vom Finanzinvestor Thoma Bravo vom Kurszettel gestrichen.
„Darktrace war für mehr als ein Jahrzehnt ein großer Teil meines Lebens und meiner Identität, und ich bin unglaublich stolz auf alles, was wir in dieser Zeit erreicht haben“, sagte sie nach der Übernahme. Die ehemalige Innenministerin Amber Rudd warf in einem Gastbeitrag für die „Times“ einmal die Frage auf, wie man mehr Frauen wie Gustafsson finden könne.