Nach der Wahlniederlage

Machtkampf unter Konservativen

Bei den Tories hat der Kampf um die Parteiführung begonnen. Bei den Buchmachern liegt Kemi Badenoch vorn.

Machtkampf unter Konservativen

Erbitterter Machtkampf um die Nachfolge von Rishi Sunak

hip London

Der Machtkampf um die Führung der Tories hat bereits vor dem Rücktritt von Rishi Sunak als Parteichef begonnen. Die ehemalige Innenministerin Suella Braverman (44), die ihr Amt aus Protest gegen die Zuwanderungspolitik der eigenen Regierung niederlegte, brachte sich bereits frühzeitig in Stellung. Sunaks Wirtschaftsministerin Kemi Badenoch (44) wird seit langem Interesse an der Spitzenposition nachgesagt. Bei den Buchmachern liegt sie vorn.

Auf Platz 2 findet sich der China-Kritiker Tom Tugendhat (51), der nie einen Zweifel daran gelassen hat, dass er gerne einmal Premierminister werden würde. Bravermans Vorgängerin im Home Office, Priti Patel (52), und ihr Nachfolger James Cleverly (54) gelten ebenfalls als aussichtsreiche Kandidaten.

Badenoch liegt vorn

Bemerkenswert ist, dass vier der fünf Anwärter auf den Chefsessel einen Migrationshintergrund aufweisen. Das zeigt den Unterschied zwischen den Tories, die aufstiegsorientierten Zuwanderern und ihren Nachkommen eine Chance geben, und der von älteren weißen Männern wie Nigel Farage geprägten Rechtspartei Reform UK.

Seit ihrer Wahl ins Unterhaus 2017 hatte Badenoch bereits eine Reihe von Kabinettsposten inne. Doch als es vor zwei Jahren um die Nachfolge von Boris Johnson ging, schied sie bereits früh aus. Mittlerweile hat sie ihre Machtbasis in der Partei gefestigt. Auf der von den Mitgliedern frequentierten Website Conservative Home erreichte sie im Vergleich zu den anderen Mitgliedern von Sunaks Kabinett die höchsten Zustimmungswerte.

Für Brexit, gegen Klimaziele

Badenoch kam in London zur Welt, weil ihre Mutter, eine Universitätsprofessorin, dort medizinisch behandelt wurde. Ihre Eltern stammen aus Nigeria. Sie wuchs in Lagos und in den Vereinigten Staaten auf, wo ihre Mutter Physiologie unterrichtete. Mit 16 kehrte sie nach London zurück. Dort ging sie zur Schule, während sie nebenbei bei McDonald’s jobbte. Sie studierte Informatik an der University of Sussex, wo sie 2003 ihren Abschluss als Systemingenieurin machte.

Danach arbeitete sie zunächst als Softwareingeneurin für Logica und studierte parallel dazu Jura am Birkbeck College der University of London. Dann wechselte sie zur Royal Bank of Scotland, wo sie bis zum Associate Director der Privatbanksparte Coutts aufstieg. Sie kümmerte sich auch um das digitale Geschäft des konservativen Magazins „The Spectator“.

Badenoch hält nichts von linker Identitätspolitik und Critical Race Theory, dafür umso mehr von Thomas Sowell, einem afro-amerikanischen Ökonomen, der sich gegen positive Diskriminierung aussprach. Sie war für den EU-Austritt und hält die Klimaziele des Landes für nicht durchdacht. Selbst würde sie sich als Liberale bezeichnen, doch wird sie gemeinhin dem rechten Flügel der Tories zugerechnet.

Bravermans Eltern kommen aus Mauritius und Kenia. Sie selbst beschrieb sich deshalb einmal als „Kind des britischen Empires“. Patel stammt aus einer Familie, die aus dem indischen Gujarat über Uganda nach Großbritannien gelangt ist. Cleverlys Mutter ist eine Hebamme aus Sierra Leone.

An ein Comeback von David Cameron (57), den Sunak im November vergangenen Jahres zum Außenminister gemacht hat, glaubt fast keiner mehr. Doch er bleibt Westminster erhalten: Um ihn ins Kabinett zu hieven, hatte ihm der ehemalige Premierminister ein Oberhausmandat auf Lebenszeit verschafft. Mit Johnson muss man dagegen immer rechnen. Doch die Buchmacher sprechen ihm ähnlich schlechte Chancen zu, die Führung der Tories zu übernehmen, wie Farage.

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