Kemi Badenoch übernimmt Tory-Führung
Kemi Badenoch übernimmt Tory-Führung
Von Andreas Hippin, London
Die ehemalige Wirtschaftsministerin Kemi Badenoch (44) hat sich im Kampf um die Tory-Führung gegen Robert Jenrick durchgesetzt. Sie ist die erste schwarze Frau an der Spitze der britischen Konservativen. Badenoch erhielt bei der parteiinternen Abstimmung 53.806 Stimmen, der ehemalige Staatssekretär im Innenministerium konnte 41.388 Mitglieder überzeugen.
Die neue Chefin polarisiert
Badenoch polarisiert. Nach ihrem Sieg wurde sie im Internet prompt von einem britisch-nigerianischen Autor als „prominentestes Mitglied der schwarzen Kollaborateure der weißen Vorherrschaft“ diffamiert, als „schwarzes Gesicht der weißen Herrschaft“.
Während der Verfasser umgehend behauptete, es handele sich bei seinen Einlassungen um Satire, entblödete sich die Labour-Hinterbänklerin Dawn Butler nicht, den rassistischen Tweet weiterzuverbreiten. Der ehemalige Schatzkanzler Kwasi Kwarteng und sein Vorgänger Sajid Javid sahen sich in der Vergangenheit ähnlichen Anfeindungen von linken Aktivisten ausgesetzt.
Dem rechten Flügel zugerechnet
Die neue Oppositionsführerin hält nichts von linker Identitätspolitik und Critical Race Theory. Sie favorisiert Thomas Sowell, einen afro-amerikanischen Ökonomen, der sich gegen positive Diskriminierung aussprach. Sie war für den EU-Austritt und hält die Klimaziele des Landes für nicht durchdacht. Selbst würde sie sich als Liberale bezeichnen, doch wird sie gemeinhin dem rechten Flügel der Tories zugerechnet.
Machtbasis gefestigt
Seit ihrer Wahl ins Unterhaus 2017 hatte Badenoch bereits eine Reihe von Kabinettsposten inne. Doch als es vor zwei Jahren um die Nachfolge von Boris Johnson ging, schied sie bereits früh aus. Mittlerweile hat sie ihre Machtbasis gefestigt. Die Konservative Partei ist in den ver-
gangenen Jahren kräftig geschrumpft. Stimmten 2022 noch 172.000 Mitglieder darüber ab, ob Liz Truss die Führung übernehmen soll, waren es bei dieser Wahl nur noch 132.000.
Badenoch kam in London zur Welt, weil ihre Mutter, eine Universitätsprofessorin, dort medizinisch behandelt wurde. Ihre Eltern stammen aus Nigeria. Sie wuchs in Lagos und in den Vereinigten Staaten auf, wo ihre Mutter Physiologie unterrichtete. Mit 16 kehrte sie nach London zurück. Dort ging sie zur Schule, während sie nebenbei bei McDonald’s jobbte. Sie studierte Informatik an der University of Sussex, wo sie 2003 ihren Abschluss als Systemingenieurin machte.
Karriere in der Royal Bank of Scotland
Danach arbeitete sie zunächst als Softwareingenieurin für Logica und studierte parallel dazu Jura am Birkbeck College der University of London. Dann wechselte sie zur Royal Bank of Scotland, wo sie bis zum Associate Director der Privatbanksparte Coutts aufstieg. Sie kümmerte sich auch um das digitale Geschäft des konservativen Magazins „The Spectator“.
Ihr Mann Hamish, den sie vor 12 Jahren heiratete, ist ein Investmentbanker. Er stand in der Debatte um die Zukunft Großbritanniens in Europa auf der anderen Seite und setzte sich für den Verbleib in der EU ein. Der ehemalige Head Boy des ehrwürdigen Ampleforth College dürfte ihr dabei helfen, den liberalen Flügel der Partei besser zu verstehen.