Luftfahrt

Peter Gerber hat derzeit gleich zwei Jobs

Kaum hatte Peter Gerber am 1. März sein Amt als Generalbevollmächtigter der Lufthansa Group für Europaangelegenheiten angetreten, sah er sich mit den Feinarbeiten der EU-Kommission an ihrem Klimapaket konfrontiert.

Peter Gerber hat derzeit gleich zwei Jobs

Von Lisa Schmelzer, Frankfurt

Viel Zeit zum Einarbeiten hatte Peter Gerber in Brüssel nicht. Kaum hatte er am 1. März sein Amt als Generalbevollmächtigter der Lufthansa Group für Europaangelegenheiten angetreten, sah er sich mit den Feinarbeiten der EU-Kommission an ihrem Klimapaket konfrontiert. Und dieses Paket hat es für die Luftfahrtindustrie in sich: Emissionszertifikate (ETS) gibt es schon sehr bald nicht mehr umsonst, Kerosin soll besteuert und außerdem mehr nachhaltiger, bisher noch sehr teurer  Flugtreibstoff verflogen werden. Nebenbei muss Gerber die Restrukturierung der Brussels Airlines zu einem guten Ende bringen, denn Chef der Lufthansa-Tochter in Belgien ist der 57-Jährige­ am 1. März auch noch geworden.

Viel Zeit zum Einarbeiten braucht der Vater zweier erwachsener Kinder aber auch nicht. Denn mit den politischen­ Themen, die die Air­line-Industrie bewegen, kennt er sich längst  aus  und  mit  dem Fluggeschäft sowieso. Seit 1. Juni 2020 führt er als Präsident den Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), die zweijährige Amtszeit will er auch von Brüssel aus ableisten. Auch für die deutsche Industrie könnte das Klimapaket enorme finanzielle Folgen haben, insofern ähneln sich die Herausforderungen für Gerber in Berlin und in Brüssel.

Bei den Wettbewerbsverzerrungen, die die Branche bei Einführung der Klimaschutzmaßnahmen be­fürchtet, findet der Lufthansa-Manager im Gespräch mit der Börsen-Zeitung deutliche Worte: „Die kommen noch obendrauf, denn Wettbewerbsverzerrungen haben wir heute schon allein wegen der Coronavirus-Pandemie und der Staatshilfen, die in dieser Zeit geflossen sind.“ Jede Regierung habe bei der Vergabe der finanziellen Mittel ein anderes Regime verfolgt. Deshalb haben „die europäischen Airlines nun Riesenschulden aufgehäuft, bei den US-Carriern und den Wettbewerbern aus den Golfstaaten ist das nicht so.“ Am Ende gelte, dass die Politik „Geld in der Industrie lassen muss, damit das alles bezahlt werden kann“.  Die deutsche Luftverkehrssteuer etwa bringe bei der Transformation hin zu mehr Umweltverträglichkeit nichts, „sie entlastet nur den Haushalt“.

Restrukturierung in Brüssel

Der Jurist  ist seit 1992 im Lufthansa-Konzern und hatte dort diverse Mandate inne, zuletzt war er sieben Jahre lang Chef der Frachttochter Lufthansa Cargo. Dort musste Gerber vor der Amtsübergabe an Nach­folgerin Dorothea von Boxberg zuletzt vor allem das Wachstum managen, das die Coronavirus-Pandemie dem weltweiten Logistikgeschäft beschert hat. Wachstum könnte perspektivisch auch Brussels Airlines bevorstehen, die im Zuge der Aufräumarbeiten um rund ein Viertel geschrumpft war.

„Die Restrukturierung hier war die tiefgreifendste aller Lufthansa-Airlines“, so Gerber. Jetzt gehe es darum, das Unternehmen wieder auf einen nachhaltig profitablen Kurs zu bringen. Das traditionell starke Afrika-Geschäft läuft bereits wieder gut, wobei die Sparte vor allem von sogenannten Friends-&-Family-Buchungen profitiert.

Die Ergebnisziele für die Airline, die seit Ende 2016 zum Lufthansa-Konzern gehört, wurden zuletzt um ein Jahr nach hinten geschoben, statt 2023 soll nun 2024 eine Ebit-Rendite von 8% erwirtschaftet werden. Das ist in der margenschwachen Airline-Branche ein sportliches Ziel, „aber ich traue das Brussels Airlines zu“, zeigt sich Gerber zuversichtlich. Wie lange sein Vertrag bei der Lufthansa-Tochter läuft, darüber schweigt sich Brussels Airlines aus. Im Lufthansa-Konzern gilt allerdings im Management in der Regel eine Altersgrenze von 60 Jahren, diese wird Gerber am 1. März 2024 erreichen.