Einhorn aus Hamburg

Philipp Schröder denkt groß mit 1Komma5°

Seit rund drei Jahren von Mitgründer Philipp Schröder geführt, ist das Hamburger Start-up 1Komma5° bereits zum Einhorn avanciert. Der CEO hat große Pläne.

Philipp Schröder denkt groß mit 1Komma5°

Philipp Schröder denkt groß mit 1Komma5°

Von Carsten Steevens, Hamburg

Vor rund drei Jahren gründete Philipp Schröder mit drei Mitstreitern 1Komma5°. Inzwischen gehört das von ihm als CEO geführte Hamburger Cleantech-Unternehmen für CO2-neutrale Stromerzeugung, Wärme und Mobilität wohl zu den aufregendsten Start-ups in Deutschland. Seit dem Start wurden 340 Mill. Euro Eigenkapital bei zahlreichen Investoren eingeworben, darunter der Investmentmanager Hamilton Lane, G2 Venture Partners, Porsche Ventures, die Family Offices Haniel und Schürfeld sowie Jan Klatten.

Seit 2023 hat 1Komma5° mit einer Bewertung von 1 Mrd. Euro den Einhorn-Status. Das laut Schröder auf die „westliche Hemisphäre“ ausgerichtete und aktuell in sechs europäischen Ländern und in Australien aktive Unternehmen sicherte sich im vorigen Herbst bei BNP Paribas, Deutsche Bank und LBBW erstmals auch eine Fremdkapitalfinanzierung über 52,5 Mill. Euro für weiteres Wachstum und Zukäufe. Bislang ohne zeitliche Vorgabe wird ein Börsengang angesteuert.

Erfahrungen im Wendland

Schröder, 40 Jahre alt und Vater zweier Töchter, spricht von „Zufällen oder Schicksal“, dass er sich beinahe sein halbes Leben mit Energie beschäftige. Bei einem Auftritt im Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten verweist er auf seine Herkunft aus dem Wendland, jener Region im Nordosten Niedersachsens, die in den 1970er Jahren zu einem Zentrum der Anti-Atomkraft-Bewegung wurde. Als Sohn eines ehemaligen Investmentbankers und einer früheren Ärztin wuchs er auf einem Demeter-Biohof auf. Ein Jura- und ein BWL-Studium gab Schröder auf, ehe er von 2012 bis 2014 an der Universität St. Gallen einen Abschluss in Renewable Energy Management erwarb.

In dieser Zeit arbeitete Schröder bereits bei dem Batteriespeicherhersteller Sonnen, zu dem er nach einer zweijährigen Tätigkeit als Country Manager bei Tesla in Deutschland und Österreich im Herbst 2015 zurückkehrte. Für den US-Elektroautopionier kümmerte er sich unter anderem um den Aufbau der Ladeinfrastruktur.

Lernen von Tesla

Von Tesla, so sagt der von den Grünen zur CDU gewechselte 1Komma5°-Chef, habe er mitgenommen, dass man die vertikale Wertschöpfungskette beherrschen müsse, wenn man sie nachhaltig verändern wolle. Bei dem Start-up, an dem die Gründer mit zusammen 40% beteiligt sind, stehen Elektrikerbetriebe im Vordergrund, die aufgekauft werden und in Privathaushalten und bei Gewerbekunden Solaranlagen und Stromspeicher, Wärmepumpen und Ladesäulen einrichten.

Das Handwerksgeschäft des Start-ups, das mit 75 Standorten auf aktuell 2.200 Mitarbeiter kommt, sorgt für den Großteil der 2023 auf 460 Mill. Euro mehr als verdoppelten Umsatzerlöse. Hinzu kommt das Geschäft mit der Software-Plattform „Heartbeat“ zur Vernetzung von Fotovoltaik, Wärmepumpen und elektrischem Laden, die seit kurzem nicht nur eigenen Hardware-Kunden offensteht.

Milliardenumsatz im Visier

Im Software- und Lizenzgeschäft sieht das operativ profitable und Ende 2023 schuldenfreie Unternehmen erhebliches Wachstumspotenzial. 2024 soll die Zahl der bei Kunden installierten Energiesysteme, die mit der Software verknüpft und in einem eigenen Bilanzkreis mit dem Strommarkt vernetzt sind, auf rund 40.000 vervierfacht werden. Bei 1Komma5° wird mit Blick auf die nachhaltige und günstigere Alternative zu fossilen Energieträgern groß gedacht: Bis 2030 will das Start-up mehr als 500.000 Kunden pro Jahr abwickeln können. Dann wäre, so Schröder, ein Umsatz von jährlich 10 bis 20 Mrd. Euro möglich.