Linksruck in Rochester

"Gorgeous George" macht Labour zu schaffen

Der Israelhasser George Galloway kehrt zurück ins Unterhaus. Sein Hauptwahlkampfthema war der Gaza-Krieg. Labour bekommt damit Konkurrenz von linksaußen.

"Gorgeous George" macht Labour zu schaffen

"Gorgeous George" macht Labour zu schaffen

hip London

Der Linkspopulist und Israelhasser George Galloway (69) hat die Nachwahl für das Unterhausmandat von Rochdale mit komfortablem Vorsprung für sich entschieden. Sein Hauptthema waren nicht die sozialen Probleme der Stadt im Großraum Greater Manchester. Der wegen zahlreicher Ehen und Affären auch unter dem Spitznamen "Gorgeous George" bekannte Schotte stellte den Gaza-Krieg ins Zentrum seiner Kampagne. Damit konnte er offenbar bei muslimischen und linken Wählern punkten, die sonst für Labour gestimmt hätten.

Labour ohne Kandidat

Oppositionsführer Keir Starmer hatte dem Kandidaten seiner Partei, Azhar Ali, nach antisemitischen Äußerungen die Unterstützung entzogen. Damit hatte Galloway mit seiner Workers Party of Britain freie Bahn. Es ist also eine etwas andere Situation als in den Vereinigten Staaten, wo Präsident Joe Biden von arabischstämmigen Wählern unter Druck gesetzt wird, die gegen eine weitere Unterstützung Israels sind. Ähnlich ist, dass eine kleine Minderheit ausschlaggebend werden könnte. Auf der anderen Seite des politischen Spektrums hofft Reform UK auf Stimmen von Tory-Wählern, denen die Regierungspartei nicht mehr konservativ genug ist. Galloway sprach bereits von einer "tektonischen Plattenverschiebung" und kündigte an, dass seine Partei bei der für November erwarteten Unterhauswahl in möglichst vielen Wahlkreisen antreten will.

Zwang zur klaren Positionierung

Die Labour-Führung gerät damit erheblich unter Druck. Allwöchentlich finden in London propalästinensische Massendemonstrationen statt. Die britische Arbeiterbewegung setzt sich seit Jahrzehnten für die Rechte der Palästinenser ein. Galloways Sieg könnte Starmer dazu drängen, in diesem Nahost-Konflikt klar Partei zu ergreifen, was er bislang sorgsam vermied. Anders als viele Labour-Abgeordnete stammt Galloway tatsächlich aus einer Arbeiterfamilie und war schon als Teenager bei den Jungsozialisten (Young Socialists) aktiv.

"Gorgeous George" ist ein knallharter Politprofi, der auch vor dem Einzug ins Big-Brother-Haus nicht zurückschreckte. Auch sonst hat er keine Berührungsängste: Er arbeitete für den staatlichen iranischen Fernsehkanal PressTV und den russischen Sender RT. 1987 wurde er erstmals ins Unterhaus gewählt. Labour verstieß den Rebellen wegen seiner Ansichten zum Irak-Krieg. Daraufhin gründete er vor 20 Jahren die Respect Party, 2019 brachte er sein derzeitiges Wahlvehikel an den Start. Im November wird sich zeigen, ob er sich gegen Labour auch durchsetzen kann, wenn die Partei ihre Kandidaten unterstützt.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.