Politstar Koizumi will Japans nächster Premier werden
Politstar Koizumi will Japans Premier werden
mf Tokio
Japans beliebtester Politiker Shinjiro Koizumi kandidiert zum ersten Mal für den Vorsitz der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP). Damit würde der 43-Jährige auch der Nachfolger von Fumio Kishida als Premierminister werden. Die japanische Presse gibt ihm durchaus Chancen, das Rennen zu machen. In der Wirtschaftspolitik will er den von Kishida eingeschlagenen Kurs des „neuen Kapitalismus“ für höhere Löhne beibehalten, damit Japan nicht in die Deflation zurückfällt.
Zwar verfügt Koizumi über relativ wenig politische Erfahrung, sein größtes Manko bei der Wahl am 27. September. Er war lediglich Umweltminister von 2019 bis 2021. Aber er besitzt Gewicht, weil sein Vater Junichiro Koizumi von 2001 bis 2006 selbst ein populärer Regierungschef war. Als zweiter Sohn arbeitete Shinjiro zunächst als Sekretär für seinen Vater. Nach dessen Rückzug übernahm er 2008 seinen Wahlkreis und sitzt seitdem im Unterhaus. Wegen seines guten Aussehens kommt er bei weiblichen Wählern gut an.
Rückhalt in der Fraktion
Von den bisher sechs Bewerbern um den Parteivorsitz soll Koizumi die meisten Anhänger innerhalb der LDP-Parlamentsfraktion hinter sich gesammelt haben. Auch Ex-Premier Yoshihide Suga, einer der Strippenzieher in der LDP-Fraktion, unterstützt ihn aus Überzeugung. Den zweiten Wahlgang, der angesichts des breiten Bewerberfeldes mit großer Sicherheit stattfinden wird, dürfte Koizumi ziemlich sicher erreichen. Dann entscheiden die LDP-Abgeordneten fast im Alleingang über den Parteivorsitz.
Bei der Ankündigung seiner Kandidatur am Freitag unter dem Motto „Schlussstrich: Türen für eine neue Ära öffnen“ versprach der Politstar eine „Beschleunigung“ der Reformen in der Regierungspartei, deren Ansehen durch einen Finanzskandal in der Fraktion stark gelitten hatte. „Ich möchte mit Japans veralteter Politik brechen und das Vertrauen der Wähler zurückgewinnen“, erklärte er. Der amtierende Premier Kishida hatte mit seinem Verzicht auf eine erneute Kandidatur als LDP-Chef im August die Verantwortung für den Skandal übernommen und verlangt, sein Nachfolger müsse für einen sauberen Neuanfang stehen. Dadurch erhalten junge und unbelastete Kandidaten wie Koizumi einen Zusatzbonus.
Als Umweltminister hatte er Schlagzeilen gemacht, als er in der Nähe des AKW Fukushima surfen ging, um Sicherheitsbedenken nach der Einleitung von ehemaligem Kühlwasser in den Pazifik zu zerstreuen. Koizumi war auch der erste amtierende Kabinettsminister, der jemals Vaterschaftsurlaub nahm, allerdings nicht am Stück, sondern tageweise.
Unscharfes Programmprofil
Seine politischen Aussagen sprechen alle Flügel der LDP an. Um die Konservativen für sich zu gewinnen, besucht er wie sein nationalkonservativer Vater regelmäßig den umstrittenen Yasukuni-Schrein für Japans Kriegstote, obwohl der Schrein auch verurteilte Kriegsverbrecher ehrt, und kündigte an, endlich eine Verfassungsreform umzusetzen. Dem liberalen Flügel versprach er Unterstützung für ein Gesetz, das verheirateten Paaren das Tragen verschiedener Nachnamen erlaubt, ein rotes Tuch für die LDP-Rechten.