Prozessauftakt in der Siemens-Korruptionsaffäre gegen früheres Vorstandsmitglied Uriel Sharef
Von Stefan Kroneck, MünchenSein Name klingt wie in einem Märchen aus Tausendundeine Nacht und ähnelt dem in die Jahre gekommenen Hollywood-Star Omar Sharif: Uriel Sharef. Wenn am Freitag gegen den 69 Jahre alten Ex-Vorstand von Siemens der Prozess eröffnet wird, wird es wohl keine Märchenstunde und keinen filmreifen Auftritt des Angeklagten vor der zuständigen 4. Strafkammer des Landsgerichts München geben. Der aus Israel stammende Manager muss sich wegen des Vorwurfs der Bestechung verantworten.Damit kommt sieben Jahre nach der aufgedeckten Siemens-Korruptionsaffäre der vom Unternehmen längst aufgearbeitete Schmiergeldskandal wieder vor Gericht. Sharef ist nach Thomas Ganswindt der zweite ehemalige ranghohe Siemens-Manager, dem wegen der Korruptionsaffäre der Prozess gemacht wird. Die Staatsanwaltschaft klagte ihn wegen Untreue in Mittäterschaft, Untreue durch Unterlassen sowie Anstiftung zur Untreue an. Die Strafermittler werfen Sharef vor, in Verbindung mit einem Auftrag für fälschungssichere elektronische Pässe in Argentinien die Bestechung von Regierungsvertretern des südamerikanischen Landes und ein System schwarzer Kassen gedeckt zu haben. Dabei seien 9,5 Mill. Dollar über Scheinverträge geflossen. Obwohl der Auftrag zwischenzeitlich storniert wurde, hätten Regierungsvertreter 27 Mill. Dollar gefordert.Sharef, der seinerzeit im Siemens-Vorstand für die Region zuständig war, habe verfügt, einen Teil der Forderung über eine ihm bekannte schwarze Kasse zu begleichen, so die Ermittler. Der Angeklagte soll dem Vernehmen nach seine Unschuld beteuert haben.Sharef gehörte von 2000 bis 2007 der obersten Führungsetage des Münchner Dax-Mitglieds an. Nach dem Konzernumbau unter Regie des damals neuen (und mittlerweile geschassten) Konzernchefs Peter Löscher ging er Ende 2007 in den Ruhestand, blieb aber zunächst für Siemens beratend tätig. Als dann 2008 die Ermittlungen gegen ihn bekannt wurden, kündigte Siemens den Beratervertrag. Das Verfahren zog sich allerdings hin. Erst nach zwei Jahren ließ das Gericht im Juni die Anklageschrift zur Verhandlung zu (vgl. BZ vom 13. Juni). Für den Prozess sind 18 Verhandlungstage angesetzt, die bis Dezember terminiert sind. Bisher glimpflicher VerlaufDer Verhandlungsverlauf wird zeigen, ob es tatsächlich zu einer Verurteilung kommt. Bisher sind ehemalige Siemens-Vorstände bei den Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Korruptionsskandal mit einem blauen Auge davongekommen. Gegen Geldauflagen wurden die Ermittlungen gegen den früheren Konzern- und Aufsichtsratschef Heinrich v. Pierer und Ex-Finanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger eingestellt. Lediglich das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilte Johannes Feldmayer 2008 wegen der verdeckten Finanzierung des Betriebsräteorganisation AUB zu einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung und einer Geldstrafe von 228 800 Euro. Im Mai 2011 stellte die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München das Verfahren gegen Thomas Ganswindt gegen eine Geldauflage von 175 000 Euro ein. Das Gericht begründete dies damit, dass sich seine Schuld während des Prozessverlaufs als geringer erwiesen habe als angenommen.Ob Sharef der letzte Fall der juristischen Aufarbeitung der Siemens-Schmiergeldaffäre ist, bleibt ebenfalls noch offen. Die griechischen Behörden ermitteln immer noch wegen damaliger dubioser Zahlungen von Siemens an Amtsträger des Landes, um unter anderem Aufträge für den Ausbau des Telekommunikationsnetzes Griechenlands zu ergattern.Der Siemens-Skandal kam über den früheren Konzernmanager Reinhard Siekaczek ans Tageslicht. Nach einem umfangreichen Geständnis kam er 2010 vor Gericht mit einer Bewährungsstrafe davon. Der Ende 2006 bekannt gewordene Bestechungsskandal bei Siemens war bisher der größte in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Der Konzern wurde dabei in seinen Grundfesten erschüttert. Über mehrere Jahre sind rund 1,3 Mrd. Euro in dunkle Kanäle geflossen. Siemens kostete die Affäre rund 2,5 Mrd. Euro (Anwaltskosten, Geldbußen usw.).