Puma-Chef wechselt womöglich zum Erzrivalen
Von Joachim Herr, München
Das hat es in dem fränkischen Städtchen Herzogenaurach noch nicht gegeben: Ein Vorstandschef wechselt von einem der von den Dassler-Brüdern Adolf (Adi) und Rudolf gegründeten Sportartikelunternehmen zum anderen. Zwar sind die Zeiten vorbei, in denen Adidas und Puma regelrecht verfeindet waren, doch etwas Besonderes wäre es schon, wenn Bjørn Gulden (57), der Vorstandsvorsitzende von Puma, im kommenden Jahr zum wesentlich größeren Konkurrenten Adidas ginge. Dort steht Kasper Rorsted (60) vor seinem Abschied, wie seit August bekannt ist.
Am Freitagnachmittag überraschte Puma mit der Mitteilung, Gulden habe beschossen, seinen Vertrag, der am 31. Dezember ende, nicht zu verlängern. Eine Stunde und 22 Minuten später folgte eine Ad-hoc-Mitteilung von Adidas: Das Unternehmen bestätigt, in Gesprächen mit Gulden „als möglichem Nachfolger“ von Rorsted zu sein. Mehr gibt Adidas nicht preis. Sicher ist der Wechsel demnach noch nicht.
Sollte das Vorhaben doch noch platzen, hätte vor allem Adidas ein Problem. Denn Investoren reagierten begeistert auf die Aussicht, dass Gulden den Vorstandsvorsitz von Adidas übernimmt. Der Aktienkurs stieg in der Spitze um 29 %, zum Xetra-Schluss blieb ein Tagesgewinn von 21,5 %. Dagegen verlor die Puma-Aktie 2,2 % an Wert.
Beinahe ging es unter, dass Puma gleich den Nachfolger von Gulden präsentierte: Es ist der 42 Jahre alte Arne Freundt, der seit zehn Jahren im Unternehmen ist. Seit Juni 2021 gehört er dem vierköpfigen Vorstand an und ist als Chief Commercial Officer für Vertrieb und Logistik zuständig. Zuvor war er für die Unternehmensstrategie und als Regionalgeschäftsführer für Europa, den Nahen Osten und Afrika (EMEA) verantwortlich gewesen. Freundt erhält einen Vertrag für vier Jahre. „Er trägt die Puma-Familie im Herzen“, sagt die Aufsichtsratsvorsitzende Héloïse Temple-Boyer. Freundt sei die ideale Wahl.
Gulden wird in der Mitteilung von Puma mit den Worten zitiert: „Ich habe noch sehr viel Energie für eine operative Rolle für die nächsten fünf bis zehn Jahre, aber das wäre für Puma zu lange gewesen.“ Es sei die richtige Zeit für Puma für seinen Nachfolger, und für ihn, um das Unternehmen zu verlassen. Aufsichtsratschefin Temple-Boyer dankte Gulden für seine mehr als neun Jahre im Unternehmen. Er habe Puma in die Erfolgsspur zurückgebracht und hinterlasse das Unternehmen „in bester Form“.
Der Norweger und frühere Fußballprofi Gulden war auf einer seiner früheren Berufsstationen schon für Adidas tätig gewesen: als Führungskraft im Geschäft für Textilien und Accessoires. Vor seinem Wechsel zu Puma war er CEO des dänischen Schmuckherstellers Pandora, zudem Geschäftsführer von Deichmann.
Vor wenigen Tagen hatte Gulden, wie berichtet, in einer Telefonkonferenz wortkarg auf Fragen nach einem Wechsel zu Adidas reagiert. Erst auf Nachfrage sagte er, er habe kein Angebot und wisse nicht, ob sein Vertrag einen sofortigen Wechsel zu einem Konkurrenten ausschließe.