Handelspolitik

Raimondo und Wang bringen Handelsdialog wieder in Gang

China und USA versuchen bilaterale Streitigkeiten zu entschärfen. In dieser Hinsicht kann der Besuch von US-Handelsministerin in Peking als Erfolg angesehen werden.

Raimondo und Wang bringen Handelsdialog wieder in Gang

Raimondo und Wang bringen Handelsdialog wieder in Gang

Von Norbert Hellmann, Schanghai

Wang Wentao

Die geo-und industriepolitischen Streithähne China und USA haben dieser Tage zu einem verhältnismäßig unangestrengt und geradezu sittsam wirkenden Handelsdialog zurückgefunden, der sowohl in Peking als auch Washington für zufriedene Gesichter hinterlassen dürfte. US-Handelsministerin Gina Raimondo ist das bereits vierte Kabinettsmitglied der Biden-Administration, das seit Juni im Rahmen einer Goodwill-Offensive nach Peking gereist ist, um mit hochrangigen Gesprächen zu einer Reduzierung der bilateralen Spannungen beizutragen.

Angesichts der Fülle von Konflikthemen, bei denen sich klassische Handelsfragen immer mehr mit sicherheitspolitischen Erwägungen und industriepolitischen Barrieren, etwa in Form von Technologierestriktionen überlappen, geht es beim Raimondo-Besuch wie auch zuvor der Visite von US-Finanzministerin Janet Yellen im Juli in erster Linie um Atmosphäre.

Washington hat sich in diesem Jahr zum Ziel in Sachen China ein wenig Druck aus dem Kessel zu nehmen. Man will dafür sorgen, dass in der Pandemiezeit völlig zum Erliegen gekommenen regelmäßigen Dialogformate und Abstimmungsmechanismen auf verschiedenen Gebieten und Regierungsebenen wieder in Gang gebracht werden. Das sieht man in Peking wie auch Washington mittlerweile als einzige Möglichkeit an, um einer weiteren Eskalation mit sich gegenseitig hochschaukelnden Strafaktionen und Restriktionen zu entkommen, die in beiden Ländern das Wirtschafts- und Finanzmarktklima übermäßig zu belasten droht.

Raimondo vielleicht wichtigste Botschaft für Peking ist, dass die US-Seite bei ihren sicherheitspolitischen Prioritäten keinerlei Abstriche zu machen gedenkt. Man will aber transparenter darlegen, dass die Peking enervierenden Technologierestriktionen und Exportkontrollen nicht als Maßnahme zur Beschränkung des wirtschaftlichen Aufstiegs Chinas gedacht sind. Sie sollen schon gar nicht einer Entkoppelung der beiden weltgrößten Volkswirtschaften Vorschub leisten, hieß es auch am Dienstag.

In dieser Hinsicht gibt es einen signifikanten Fortschritt zu verzeichnen. Raimondo und Chinas Handelsminister Wang Wentao haben sich tatsächlich auf ein neues Dialogformat geeinigt, dass als regelmäßiger Informationsaustausch in Sachen Exportkontrollen gedacht ist. Davon kann man sich eine eher technokratische Herangehensweise an Reibungspunkte versprechen, damit Einzelmaßnahmen nicht als breiter politischer Affront verstanden werden, aus dem heraus sich Sanktionen gegenseitig aufschaukeln.  

Raimondos erste direkte Begegnung mit Chinas Regierungselite, darunter auch Premierminister Li Qiang stellt sich als eine gelungene Feuertaufe für eine Politikerin dar, die vor ihrer überraschenden Ernennung auf diesen Kabinettsposten mit internationaler Handelspolitik auf großer Bühne keine Berührung hatte. Die 52jährige hat sich vielmehr als Gründerin von zwei Venture-Capital-Gesellschaften hervorgetan, bevor sie als State Treasurer und danach Gouverneurin des winzigen, aber durch die hohe Ansiedlung von Firmensitzen wichtigen Bundesstaats Rhode Island politische Karriere machte.

Mit Wang, der vor seiner Berufung zum Handelsminister im Jahr 2020 ebenfalls auf einem Gouverneursposten in der Provinz Shandong stand, wird sich Raimondo nun häufig direkt austauschen. Ab Frühjahr 2020 soll es zu regelmäßigen halbjährlichen Treffen zwischen den Handelsadministrationen beider Länder kommen, die wechselnd auf amerikanischem und chinesischen Boden abgehalten werden.