Der Aktienkurs als Zuchtmeister
Der Aktienkurs als Zuchtmeister
sar Frankfurt
Am Donnerstag ist es genau ein Jahr her, dass Ralph Dommermuth seiner Börsenerfahrung ein weiteres Kapitel hinzufügen konnte: Am 8. Februar 2023 ging die United-Internet-Tochter Ionos an die Börse. Der Mutterkonzern blickt dort bereits auf eine längere Historie zurück. 1998 führte Dommermuth das Unternehmen – damals noch bekannt unter 1&1 – aufs Parkett, gehandelt wurde noch in D-Mark.
Dass die hohen Transparenzanforderungen manche Börsenkandidaten abschrecken, kann der Manager nicht nachvollziehen. Aus seiner Sicht habe es „nur Vorteile“, an der Börse zu sein, erklärte der 60-Jährige am Montagabend als Gast im Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten. Jedes Quartal Zahlen zu sehen, helfe ihm bei der Steuerung des Unternehmens. Ein Aktienkurs sei vergleichbar damit, „jeden Tag ein Zeugnis zu bekommen“. Zurzeit fällt dieses durchwachsen aus: Der Aktienkurs, der zum Jahreswechsel 2017/18 bei mehr als 58 Euro lag, rutschte im vergangenen Sommer auf weniger als 13 Euro. Seitdem hat sich das Papier auf Werte um 23 Euro etwas erholt, dennoch müsse man da „noch Gas geben“, wie Dommermuth sagt.
Verantwortung für die Aktionäre
Er sei kein außerordentlicher Schüler und nicht besonders ehrgeizig gewesen, bekennt Dommermuth. „Ohne Listing wäre ich vielleicht weniger ehrgeizig.“ Der Aktienkurs sei für ihn eine Art „Zuchtmeister“ und erinnere ihn täglich daran, welche Verantwortung er für die Aktionäre habe.
Ein drohendes Bußgeld für 1&1 wegen Verzögerungen beim Netzausbau werde nicht die Guidance verändern, betonte Dommermuth. Ärgerlich findet er, dass die Debatte um Verzögerungen beim Netzausbau andere Themen überlagert. So ist Dommermuth überzeugt, dass dem von 1&1 genutzten Ansatz des offenen Funkzugangsnetzes (Open Ran) die Zukunft gehört. Während geschlossene Systeme eng mit einzelnen Herstellern verknüpft sind, können bei Open Ran durch offene Schnittstellen verschiedene Komponenten von unterschiedlichen Herstellern kombiniert werden. Dass das Unternehmen erst 2010 als Mobilfunkanbieter in den damals bereits gut besetzten Markt eingetreten ist, helfe heute dabei, neue Technologien schnell umzusetzen: Im Vergleich zum Wettbewerb habe man weniger Altlasten.
Gründung nach Banklehre
Auch wenn die Gründung ihn zu einem vermögenden Unternehmer gemacht hat – Dommermuth gilt als einer der wenigen Milliardäre in Deutschland, die ihren Wohlstand nicht einer Erbschaft verdanken – ob er im heutigen Umfeld noch einmal gründen würde, da ist sich der gelernte Bankkaufmann nicht so sicher. Die regulatorischen Anforderungen seien deutlich höher als Ende der achtziger Jahre. 1988 legte Dommermuth mit der 1&1 Marketing GmbH den Vorläufer der heutigen United Internet AG auf.
Die ersten Mitarbeiter rekrutierte er direkt in einer Diskothek in Montabaur, so erzählt er es. Nach wie vor gehe er morgens gerne ins Büro und fühle sich fit. „Ich will da aber auch nicht rausgetragen werden“, betont der Manager. Perspektivisch kann er sich vorstellen, mehr Gewicht von der Holding auf die Tochterfirmen und die dortigen Managementteams zu verlagern. Sein Nachfolger werde „nicht dieselbe Job-Beschreibung“ haben wie er, sagt Dommermuth. Vorbereiten wolle er den Übergang aber schon noch selbst.