Renault-Chef Bolloré unter Druck
Von Gesche Wüpper, ParisDie Tage von Thierry Bolloré an der Spitze von Renault scheinen gezählt zu sein. Nachdem Nissan seinen Chef ausgewechselt hat, steigt nun offenbar von französischer Seite aus der Druck, dies auch bei dem heimischen Autobauer zu tun, damit die Allianz der beiden Unternehmen einen Neuanfang wagen und endgültig mit dem Kapitel Carlos Ghosn abschließen kann. Verwaltungsratschef Jean-Dominique Senard werde dem Kontrollgremium von Renault vorschlagen, einen Nachfolger für Bolloré zu finden, berichtete der “Figaro”. Möglicherweise werde das Thema bereits auf einer Sitzung am 18. Oktober angesprochen. Renault selber wollte die Gerüchte nicht kommentieren.Bolloré war nach dem Rücktritt von Ghosn zusammen mit dem ehemaligen Michelin-Chef Senard Ende Januar als Führungsduo von Renault ernannt worden. Der 1963 geborene frühere Chief Competitive Officer war im Februar letzten Jahres zum stellvertretenden Generaldirektor des Autobauers aufgestiegen und hatte nach der Verhaftung von Ex-Konzernchef Ghosn im November interimsweise die Geschäftsleitung übernommen. Der aus Quimper stammende Bolloré sei intern umstritten, heißt es in Paris. Auch der Staat als Aktionär von Renault mache Druck, ihn auszuwechseln. Der französische Staat hält 15 % an dem Automobilkonzern. Kein offizielles MandatEr habe volles Vertrauen in Senard und den Verwaltungsrat von Renault, die beste Unternehmensführung und Manager auszuwählen, um die vom Staat festgelegte industrielle Strategie umzusetzen, erklärte der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire am Rande eines Treffens mit seinen Amtskollegen aus der Eurozone in Luxemburg. Der Staat als Renault-Aktionär habe sich aber nicht in diese Auswahl einzumischen. Dem Vernehmen nach soll der französische Staat Bolloré jedoch bereits seit einiger Zeit kritisch gegenüberstehen, da er für ihn das symbolische Überbleibsel der Ära von Carlos Ghosn sei.Bisher zumindest hat der Verwaltungsrat von Renault noch kein offizielles Mandat erhalten, die Suche nach einem Nachfolger Bollorés einzuleiten. Diese könnte sich schwierig gestalten. Spekulationen, wer für diesen Posten in Frage kommen könnte, gibt es bisher nicht. Der Verwaltungsrat könnte einen Headhunter beauftragen, einen geeigneten französischen Kandidaten zu finden. Dieser müsste angesichts der Herausforderungen, vor denen die Automobilindustrie steht, bereits über entsprechende Branchenerfahrung verfügen.Renault könnte durch einen neuen Führungswechsel nach dem Skandal um die Verhaftung von Ex-Chef Ghosn zusätzlich geschwächt werden, geben Branchenkenner zu bedenken. Der Autobauer hat sich davon noch immer nicht richtig erholt. Bolloré zumindest gerät durch die Gerüchte über seine mögliche Ablösung stark unter Druck. Er soll der Belegschaft heute für Fragen zur Verfügung stehen.Dem 56-Jährigen soll konzernintern ein manchmal etwas brutaler Führungsstil vorgeworfen werden. Zudem sind mehrere Topmanager seit seiner Ernennung zur Nummer 2 von Renault zum heimischen Konkurrenten PSA gewechselt und die Chemie zwischen Bolloré und Verwaltungsratschef Senard soll auch nicht stimmen. Die größten Vorbehalte gegen Bolloré soll jedoch der japanische Allianzpartner Nissan haben. Dort soll man Bolloré nicht verziehen haben, Untersuchungen gegen Ex-Konzernchef Ghosn verzögert zu haben, nachdem erste Vorwürfe gegen ihn laut geworden waren.Nissan hat Makoto Uchida am Dienstag als neuen Chef berufen und Ashwani Gupta als Chief Operating Officer. Die Entscheidung war eigentlich erst Ende des Monats erwartet worden. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen dem Führungswechsel bei Renaults japanischem Allianzpartner und der möglichen Ablösung Bollorés als Chef des französischen Autobauers, heißt es in regierungsnahen Kreisen in Paris.