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Renault sucht Nachfolger für Ghosn

Von Gesche Wüpper, Paris Börsen-Zeitung, 18.1.2019 Bisher hatten sie in Frankreich trotz aller Anschuldigungen hinter ihm gestanden, doch nun droht Renault-Chef Carlos Ghosn auch in der Heimat die Entmachtung. Der amtierende...

Renault sucht Nachfolger für Ghosn

Von Gesche Wüpper, ParisBisher hatten sie in Frankreich trotz aller Anschuldigungen hinter ihm gestanden, doch nun droht Renault-Chef Carlos Ghosn auch in der Heimat die Entmachtung. Der amtierende Renault-Verwaltungsratschef Philippe Lagayette und Patrick Thomas, der bei dem französischen Automobilkonzern das Nominierungskomitee leitet, bestätigten Donnerstag, aktiv “die beste Lösung für die künftige Führung der Gruppe” zu suchen. Sobald die entsprechenden Elemente vorlägen, werde der Verwaltungsrat die nötigen Entscheidungen treffen, erklärten sie.Der Name Ghosns wurde in dem Kommuniqué nicht genannt. Dafür hatte Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire wenige Stunden zuvor deutlich gefordert, es müsse ein Nachfolger für Ghosn an der Spitze des Automobilkonzerns gefunden werden. Der französische Staat hält 15 % des Renault-Kapitals und 22 % der Stimmrechte. Er habe zwar immer daran erinnert, dass zunächst die Unschuldsvermutung gelte, sagte Le Maire dem Fernsehsender LCI Mittwochabend. Er habe jedoch auch stets gesagt, dass eine neue Phase eingeleitet werden müsse, sollte Carlos Ghosn dauerhaft verhindert sein. Dies sei nun der Fall. “Wir möchten, dass der Verwaltungsrat eine neue nachhaltige Unternehmensführung für Renault bestimmt”, so Le Maire.Ghosn wird seinen 65. Geburtstag am 9. März vermutlich im Gefängnis feiern müssen, denn die japanische Justiz lehnte diese Woche einen Antrag auf Freilassung gegen Kaution ab. Ein Gericht wies am Donnerstag auch einen Einspruch von Ghosns Anwälten ab. Der Top-Manager mit französischem, brasilianischem und libanesischem Pass war am 19. November wegen Verstoßes gegen Börsenauflagen festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte kürzlich neue Anklagen gegen ihn erhoben und ihm schweren Vertrauensbruch sowie Verstöße gegen Unternehmensgesetze vorgeworfen. Bis zu einem Prozess dürften Monate vergehen, schätzen Beobachter. Sollte Ghosn für schuldig befunden werden, könnten ihm bis zu 15 Jahre Gefängnis drohen.Nissan und Mitsubishi, die japanischen Allianzpartner Renaults, hatten Ghosn bereits kurz nach seiner Verhaftung als Verwaltungsratschef abgesetzt. Laut Informationen der französischen Presse sollen hochrangige französische Regierungsvertreter diese Woche nach Japan gereist sein, um dort für die Automobil-Allianz die Ära nach Ghosn vorzubereiten. An der Reise hätten Martin Vial, der Chef der Agentur für Staatsbeteiligungen, sowie Emmanuel Moulin, der Büroleiter von Wirtschaftsminister Le Maire, teilnehmen sollen, berichtete der “Figaro”. Der Verwaltungsrat von Renault werde Sonntag tagen.Der Autobauer hatte die Konzernleitung kurz nach der Verhaftung von Ghosn übergangsweise an den stellvertretenden Generaldirektor Thierry Bolloré übertragen. Der 1963 geborene Manager ist seit gut einem Jahr als stellvertretender Generaldirektor der Gruppe für die operativen Geschäfte zuständig. Zuvor war er fünf Jahre lang als Chief Competitive Officer für den Automobilkonzern tätig.Renault könnte das Amt des Verwaltungsratsvorsitzenden und des Generaldirektors trennen, heißt es in Paris. In dem Fall könnte Bolloré Generaldirektor bleiben. Michelin-Chef Jean-Dominique Senard wiederum wird von französischen Medien als möglicher neuer Verwaltungsratschef von Renault gehandelt. Das Mandat des 65-Jährigen bei dem Reifenhersteller endet im Mai, und seine Nachfolge ist bereits geregelt. Senard soll sowohl bei der französischen Regierung als auch bei den japanischen Allianzpartnern von Renault gut gelitten sein. Der frühere Finanzchef von Michelin gilt als ruhig und besonnen.Wirtschaftsminister Le Maire wollte sich zwar nicht zu den Gerüchten über eine Ernennung Senards bei Renault äußern, lobte den Absolventen der Wirtschaftshochschule HEC jedoch als Spezialisten des Automobilsektors. Senard sei ein großer Industrieller, der mehrfach unter Beweis gestellt habe, dass er sich der sozialen Verantwortung bewusst sei, die Unternehmen hätten, so Le Maire.