Immobilieninvestor

René Benko zieht sich zurück

Es hatte sich angedeutet, nun ist es offiziell: Der Sanierungsexperte Arndt Geiwitz übernimmt das Ruder bei der strauchelnden Signa Holding. Der Investor René Benko macht dafür den Weg frei.

René Benko zieht sich zurück

Der Tiroler Immobilieninvestor René Benko gibt das Ruder bei seiner Signa Holding ab. Benko habe den Vorsitz des Beirats an den Sanierungsexperten Arndt Geiwitz übergeben, teilte Signa am Mittwoch mit. Zusätzlich übernehme Geiwitz auch den Vorsitz des Gesellschafter-Komitees der Holding. Die Familie Benko Privatstiftung bleibe weiterhin größter Gesellschafter. Geiwitz wird nach Angaben von Signa die Restrukturierung der gesamten Gruppe organisieren. „Er genießt das Vertrauen aller Gesellschafter.“

"Beste Lösung"

Laut Benko ist das „die beste Lösung für das Unternehmen, seine Partner, Investoren sowie die Mitarbeiter“. „Es gilt nun, Vertrauen wiederherzustellen, dazu will ich meinen Beitrag leisten“, sagte Benko. „Das Immobilienportfolio von Signa ist und bleibt einzigartig. Ich bin absolut sicher, dass das Unternehmen eine sehr gute Zukunft haben kann.“ Nach Aussage von Geiwitz braucht Signa jetzt Ruhe und Ordnung. „Wir werden diese wichtigen Aufgaben mit Bedacht und Vernunft angehen. Es gilt, langfristige Lösungen zu finden“, sagte der Sanierungsexperte. Er fordere daher alle Beteiligten auf, sich diesem Prozess anzuschließen.

Arndt Geiwitz ist der neue starke Mann der Signa-Gruppe. Foto: picture alliance/dpa | Oliver Berg

Benkos Rückzug hatte sich in den vergangenen Tagen abgezeichnet. Am vergangenen Freitag kündigte Mitgesellschafter Hans Peter Haselsteiner an, dass Geiwitz, der bisher in beratender Funktion an Bord ist, eine führende Rolle übernehmen soll. Zuvor hatte eine Investorengruppe Benkos Abtritt gefordert. Geiwitz solle als eine Art Generalbevollmächtigter agieren und auch die Stimmrechte erhalten, die Benko und seine Stiftungen haben, sagte der Bauunternehmer und frühere Strabag-Chef Haselsteiner.

Allerdings zogen sich die Gespräche über die Übergabe der Macht einige Tage hin. Benko stelle Bedingungen für einen Rückzug, hieß es noch am Dienstag. Auch gebe es auf Seiten der Signa-Investoren noch keine Übereinkunft über ein gemeinsames Vorgehen. Obwohl Benko keine offizielle Funktion in der Gruppe ausübt und lediglich den Beiratsvorsitz innehatte, liefen die Fäden nach wie vor bei ihm zusammen.

In finanziellen Nöten

Den Angaben zufolge wurden zur Unterstützung weitere externe Berater engagiert, um mit Hochdruck alle Signa-Geschäftsbereiche zu überprüfen und Maßnahmen sowie ein ganzheitliches Konzept für die Gruppe zu erarbeiten. Die Signa-Gruppe, zu der neben einem milliardenschweren Immobilienimperium unter anderem auch die Kaufhauskette Galeria gehört, steckt in ernsten Schwierigkeiten. Infolge des rapiden Zinsanstiegs steigen die Finanzierungskosten. Die fallenden Immobilienwerte zehren am Eigenkapital. Hinzu kommt der ständige Mittelbedarf für den Weiterbau der Immobilienprojekte. Aufgrund des hohen Volumens der Bauvorhaben trifft Signa der Anstieg der Baumaterialpreise besonders. Banken zögern, neue Kredite zu geben, auch weil die Europäische Bankenaufsicht genau hinschaut. Die Ratingagentur Fitch hat den Bauträger Signa Development Selection, Emittent einer Anleihe über 300 Mill. Euro, auf „CCC“ herabgestuft. Bonds dieser Kategorie gelten als sehr spekulativ, da sie substanzielle Risiken bergen.

Zu den unmittelbaren Rückzahlungsverpflichtungen gehören eine privat begebene Anleihe in Höhe von 200 Mill. Euro, die Ende November fällig wird, und Genussrechte, deren Rückzahlung zum Jahresende ansteht, geht laut der Nachrichtenagentur Bloomberg aus dem Jahresbericht der Kerngesellschaft im Immobilienbereich, Signa Prime Selection, hervor.

Für Außenstehende kaum durchschaubar

Der Neu-Ulmer Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Geiwitz muss sich nun den notwendigen Überblick über das verschachtelte Geflecht mit vielen einzelnen Gesellschaften verschaffen und herausfinden, wie tief die Finanzlöcher sind, die es zu stopfen gilt. Für Außenstehende ist das privat geführte Konglomerat kaum durchschaubar. Es gibt keinen Konzernabschluss. Geiwitz ist mit dem Schlecker-Mandat groß geworden. Galeria Karstadt Kaufhof hat der 54-Jährige gleich zweimal durch eine Insolvenz in Eigenverwaltung gesteuert. Als es im Corona-Sturm für Lufthansa um die Existenz ging, war der geschäftsführende Gesellschafter von SGP Schneider Geiwitz & Partner ebenfalls an Bord.

Von Berlin bis New York

Der im Mai 1977 in Innsbruck geborene Benko, der 2012 wegen einer Schmiergeldaffäre verurteilt wurde, galt lange als einer der erfolgreichsten Unternehmer Österreichs. Die Schule verließ er ohne Abitur – die Fehlzeiten waren zu hoch, weil er nach eigenen Angaben schon als junger Mann Dachböden zu Luxuswohnungen umbaute. 1999 gründete Benko die Signa Holding, die heute zu den größten Immobilieninvestoren in Europa gehört. Das KaDeWe-Gebäude in Berlin und das Chrysler Building in New York gehören ebenso zum Imperium wie der Elbtower in Hamburg, dessen Bau aber stockt. Zum Handelssektor gehören neben Galeria und KaDeWe die Luxuswarenhausgruppe Selfridges, die Warenhauskette Globus und diverse Online-Plattformen.

Lesen Sie mehr zu Signa und Benko: https://www.boersen-zeitung.de/meinung-analyse/das-signa-imperium-wankt

René Benko überlässt das Ruder dem Sanierer Geiwitz

Von Helmut Kipp, Frankfurt