Reto Francioni soll Swiss-Präsident werden
Von Peter Olsen, FrankfurtDer langjährige Chef der Deutschen Börse AG, Reto Francioni, bleibt auch nach seinem Ausscheiden aktiv. Der gerade 60 Jahre alt gewordene Schweizer soll bei der Lufthansa-Tochter Swiss im Herbst dem Verwaltungsrat zugewählt und nächstes Jahr neuer Präsident des Gremiums werden. Das kündigte Lufthansa-Chef Carsten Spohr in Bern an. Der seit Ende 2010 als Präsident amtierende Bruno Gehrig geht 2016 in Pension. Mitglied im Swiss-Verwaltungsrat ist auch der frühere Lufthansa-Chef Christoph Franz, der in der Schweiz lebt und Präsident des Roche-Verwaltungsrats ist. Schweizer BesonderheitAuch zehn Jahre nach der Übernahme der einstigen Swissair durch die deutsche Airline reagiert die Eidgenossenschaft immer noch sehr sensibel auf Veränderungen jedweder Art bei der über Jahre im Lufthansa-Verbund sehr erfolgreichen Swiss. Zur Wahrung der Schweizer Interessen war seinerzeit vom eidgenössischen Bundesrat die Swiss-Luftfahrtstiftung (SLS) als eine Art Oberaufsicht neben dem Verwaltungsrat ins Leben gerufen würden. Das Mandat der SLS läuft jetzt aus, was Grund für Spohrs Visite war.Umso genauer nehmen die Schweizer alles unter die Lupe, was das Maß an Eigenständigkeit von Swiss im Lufthansa-Konzern einschränken könnte. Die vor einem Monat durchgesickerten Hinweise auf eine neue Struktur des Lufthansa-Konzerns mit den drei Sparten Drehkreuze (Hubs), Direktverkehre (Point-to-Point) sowie Dienstleistungen (vgl. BZ vom 24. Juli) weckte deshalb sofort Ängste, Swiss könnte vom Hub Zürich aus zu einer reinen Marke reduziert werden.Wie die Besetzung des künftigen Lufthansa-Konzernvorstandes unter Führung Spohrs aussehen wird, ist deshalb auch in der Schweiz ein Politikum. Mit dem Deutschen Harry Hohmeister sitzt bislang der Swiss-Chef als Verantwortlicher für die Verbund-Airlines (neben Swiss vor allem AUA und Brussels) mit am Tisch. Dem 51-Jährigen, der bei Swiss 2009 als Franz-Nachfolger den Steuerknüppel übernahm und auch beim Weggang von Franz von der Lufthansa-Spitze zu Roche als möglicher neuer Lufthansa-Chef gehandelt worden war, sollte nach ersten Hinweisen der Aufbau der Wings-Billigsparte aufgedrückt werden.Diese Aufgabe scheint dem im Kanton Zürich lebenden Hohmeister nicht zu schmecken, denn in den vergangenen Tagen wurde in Schweizer Gazetten kolportiert, der eigenwillige Manager würde lieber die bedeutende Sparte Drehkreuze mit den Qualitätsairlines führen. Wie zu hören ist, ist bei Lufthansa eine Entscheidung darüber noch nicht gefallen. Der Aufsichtsrat werde sich auf seiner Sitzung am 16. September mit der künftigen Struktur des Luftfahrtkonzerns und den damit verbundenen personellen Veränderungen beschäftigen. Offenbar würde Hohmeister Swiss dann 2016 verlassen.Mit der geplanten Berufung Francionis an die Spitze des Swiss-Verwaltungsrates nimmt die deutsche Fluggesellschaft bereits auf schweizerische Empfindlichkeiten Rücksicht. Lufthansa-Chef Spohr hatte im späten Frühjahr gegenüber der “NZZ am Sonntag” schon betont, “mir ist wichtig, dass der nächste Swiss-Präsident wieder ein Schweizer wird”. Und er deutete bereits an, dass er eine branchenfremde Lösung nicht ausschließt: “Es muss kein Luftfahrtexperte sein, sondern jemand, der Schweizer Interessen wirkungsvoll vertreten kann.” Gut verdrahtetDass der in seiner Heimat gut verdrahtete Francioni dazu in der Lage ist, steht außer Zweifel. Inwieweit die künftige Konzernstruktur von Lufthansa ihm dazu allerdings genügend Spielraum lässt, muss sich zeigen. Der promovierte Jurist begann seine Karriere 1981 bei der Schweizerischen Bankgesellschaft, der heutigen UBS, und war danach bei der Schweizerischen Kreditanstalt (Credit Suisse), der Schweizer Börsenorgansisation Association Tripartite Bourses, bei Hoffmann-La Roche und bei der SWX Swiss Exchange. Der Deutschen Börse gehörte er zwischenzeitlich von 1993 bis 2000 an, wechselte dann kurz zum Discount-Broker Consors, eher er von 2005 an für zehn Jahre an der Spitze der Deutschen Börse tätig war.