Richter Gröschel fühlt dem Steueranwalt Johannemann auf den Zahn
Richter Gröschel fühlt
dem Steueranwalt auf den Zahn
Von Anna Sleegers, Frankfurt
Es dürfte eines der letzten, auf jeden Fall aber das letzte öffentlichkeitswirksame Verfahren für Werner Gröschel werden. Der Vorsitzende der 24. großen Strafkammer am Landgericht Frankfurt, der sowohl den Korruptionsprozess gegen den früheren Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) als auch mit großer Langmut die endlose Zeugenvernehmung im Cum-ex-Prozess gegen das frühere Management der Maple Bank führte, geht Ende des Jahres in den Ruhestand.
Ob es bis dahin gelingt, das Verfahren gegen Ulf Johannemann, einst Partner und globaler Steuerchef der internationalen Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, zu Ende zu bringen, ist eher unwahrscheinlich. Die Anklage lautet auf Beihilfe zu schwerer Steuerhinterziehung. Nach Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt hat Johannemann die Maple Bank tatkräftig dabei unterstützt, sich für die Veranlagungsjahre 2006 bis 2015 insgesamt 366,6 Mill. Euro Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge erstatten zu lassen, die sie nie gezahlt hatte.
Verfahren abgetrennt
Doch auch wenn am Ende ein anderes Mitglied der Kammer unter seinem Vorsitz das Urteil verlesen wird, ist es sinnvoll, dass Gröschel das Wissen aus dem komplexen Verfahren gegen den zu einer langen Freiheitsstrafe verurteilten früheren Maple-Chef Wolfgang Schuck und Managerkollegen einbringt.
Ursprünglich hätte auch Johannemann, der die kleine Wertpapierhandelsbank bei ihren großvolumigen Dividendenstichtagsgeschäften zulasten der Steuerkasse beriet, schon 2021 mit auf der Anklagebank sitzen sollen (Az.: 5/24 KLs 17/19). Doch dann wurde das Verfahren gegen Johannemann und einen weiteren Freshfields-Anwalt kurzfristig abgetrennt.
Anders als andere Freshfields-Anwälte betrat Johannemann den Zeugenstand nicht. Seit die Aufarbeitung des Steuerskandals begonnen hat, ist der prominente Anwalt öffentlich nicht in Erscheinung getreten. Gleichwohl schien er während des gesamten Prozesses präsent zu sein. Man habe sich auf seine Expertise verlassen, unterstrichen die Maple-Manager immer wieder. "Wer hätte es besser wissen sollen als er?", war da zu hören.
Ein Zeuge, dem die Cum-ex-Geschäfte krumm vorkamen, schilderte der Kammer, wie ihn der eloquente Steuerexperte persönlich von deren Machbarkeit überzeugt habe. Auch war in zahllosen handschriftlichen Notizen, die Gröschel akribisch verlesen ließ, von Treffen mit Johannemann die Rede.
Kein zweiter Berger
Anders als der verurteilte Steueranwalt Hanno Berger, der seine Mitwisserschaft an den Cum-ex-Geschäften des Londoner Handelstischs der HVB nicht verhehlte, stellt Johannemann sich selbst als Opfer dar. Nicht erst bei seiner Vernehmung im Jahr 2019, sondern bereits 2012 soll er laut einer Zeugenaussage im Kollegenkreis beklagt haben, dass ihm seine Mandanten von der Maple Bank wesentliche Informationen vorenthalten hätten.
Johannemann sagte demnach, nicht gewusst zu haben, dass den Maple-Händlern klar war, mit wem sie die abgesprochenen Kreisgeschäfte eingingen. Er habe der offiziellen Version der Bank Glauben geschenkt, derzufolge die Geschäfte in der Anonymität des Kapitalmarkts stattfanden. Gegenpartei der Geschäfte seien schließlich nicht die ausländische Schwestergesellschaften der Maple Bank oder die anderen bekannten Adressen gewesen, sondern die Terminbörse Eurex.
Werner Gröschel, Richter am Landgericht Frankfurt, leitet das Cum-ex-Verfahren gegen den Steuerfachmann Ulf Johannemann.