Roche erhält neuen Pharmachef
Von Dani Zulauf, ZürichDer Baseler Pharmamulti Roche macht Bill Anderson, derzeit CEO der kalifornischen Biotech-Tochter Genentech, zum neuen Leiter der Pharmadivision des Gesamtkonzerns. Es ist das erste Mal, dass ein Genentech-Manager an die Spitze der Flaggschiffsparte des Schweizer Spezialisten für Krebsmedizin berufen wird. Genentech gehört seit den frühen neunziger Jahren zu Roche. 2010 wurde das Unternehmen mit Sitz in San Francisco vollständig übernommen. In den Labors von Genentech entstanden in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche umsatzstarke Medikamente, mit deren Hilfe Roche die Profilierung im Onkologiebereich schärfen konnte. Vor diesem Hintergrund begrüßte Finanzanalyst Michael Nawrath von der Zürcher Kantonalbank Andersons Beförderung als “überfällig”. Der 52-jährige Chemieingenieur war Anfang 2017 zum CEO von Genentech aufgestiegen. 2006 war er als Leiter der Abteilung für Immunkrankheiten zu den kalifornischen Biotech-Pionieren gestoßen. Anschließend erhielt er die Verantwortung für die Verkaufs- und Marketingaktivitäten im Bereich Onkologie, bis er 2013 als Verantwortlicher für die weltweite Produktstrategie in die Schweiz übersiedelte.Anderson wird seine neue Position am 1. Januar antreten. Er folgt damit nahtlos auf Daniel O’Day, der seine Zelte in Basel Ende des Jahres abbrechen wird. Der 54-Jährige wird Anfang März CEO des kalifornischen Biotech-Konzerns Gilead Sciences. O’Day avancierte 2010 als Leiter der Diagnostiksparte zum Pharmachef. Er sprang in die Lücke, die der Franzose Pascal Soriot hinterlassen hatte. Soriot übte den Posten als Pharmachef nur zwei Jahre aus und kümmerte sich in jener Zeit vor allem um die Integration von Genentech. Er verließ Roche, um dem Ruf als CEO von AstraZeneca nachzukommen.Das gleiche Motiv bewegt nun also auch O’Day zum Wechsel. Hoffnungen auf den höchsten operativen Chefposten bei Roche konnte er sich realistischerweise keine machen. Dort sitzt der 51-jährige Österreicher Severin Schwan seit 2008 fest im Sattel. In der Roche-Kultur kommt es allerdings kaum einmal vor, dass ein altgedienter Spitzenmanager zur Konkurrenz abwandert. O’Day ist immerhin seit 31 Jahren für den Baseler Konzern tätig. Davon verbrachte er, mit Ausnahme einer vierjährigen Unterbrechung, die letzten 20 Jahre in Basel. Über seinen Leistungsausweis als Pharmachef scheiden sich die Geister. Severin Schwan lobt O’Day für seinen “maßgeblichen Anteil” an der Lancierung neuer, innovativer und umsatzstarker Medikamente. Das Präparat Ocrevus zur Behandlung von multipler Sklerose bezeichnet Schwan als größten Lancierungserfolg in der Roche-Geschichte.Doch es gibt auch kritischere Stimmen, nach denen der weltweite Primus im Bereich von Krebstherapien bei neuen Technologien die Konkurrenz zu nahe an sich herankommen bzw. sogar vorbeiziehen ließ. Neue Impulse für GileadAuch O’Day trifft an seinem nächsten Arbeitsort auf hohe Erwartungen. Gilead Sciences hat in den vergangenen Jahren Umsatzeinbußen im Haupttherapiegebiet Hepatitis C hinnehmen müssen und einen starken Rückgang des Aktienkurses seit Mitte 2015 erlebt. Vom scheidenden Roche-Manager erwarten die Investoren neue Impulse im Bereich der Onkologie, wo Gilead künftig stärker Fuß zu fassen hofft.