PERSONEN

Roland Bergers China-Kracher

Von Stefan Kroneck, München Börsen-Zeitung, 19.1.2018 Im freundlichen Plauderton sitzt Charles-Edouard Bouée an einem Konferenztisch mit Journalisten und spricht über die Herausforderungen für Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. In der Münchner...

Roland Bergers China-Kracher

Von Stefan Kroneck, MünchenIm freundlichen Plauderton sitzt Charles-Edouard Bouée an einem Konferenztisch mit Journalisten und spricht über die Herausforderungen für Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. In der Münchner Konzernzentrale von Roland Berger ist der Chef der Unternehmensberatung in seinem Element. Man merkt, der 48 Jahre alte Franzose läuft sich für den bevorstehenden Wirtschaftsgipfel in Davos warm. Im mondänen Schweizer Ort trifft sich vom 23. bis 26. Januar wieder die Elite aus vielen Ländern, um über die Probleme dieser Welt zu debattieren. Und Bouée ist dabei.Das macht den hochgewachsenen CEO von Roland Berger stolz, werden doch auf dem diesjährigen Treffen in Davos auch US-Präsident Donald Trump und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron erwartet. Wo Trump auftaucht, ist die Wahrscheinlichkeit eines Eklats oder zumindest eines peinlichen Auftritts jedweder Art programmiert. Doch das ist nicht Bouées Motivation, um dabei zu sein. Er will sachlich diskutieren. Das ist ein hoher Anspruch in dieser aufgeregten und hektischen Zeit, in der die Show mehr zählt als der Inhalt. Der ambitionierte Chef von Roland Berger übt sich in Selbstdisziplin, wenn es darum geht, andere zu überzeugen. In Davos, wenn es für ihn vor allem darum geht, fürs eigene Beratungsgeschäft wichtige Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, ist diese Haltung sicherlich ein Pluspunkt. Damit mag man sich von anderen – vor allem Politikern – abheben.Vor Medienvertretern schwadroniert Bouée selbstsicher und professionell über das Themengebiet künstliche Intelligenz, ein Teilgebiet der Informatik, welches sich mit der Automatisierung intelligenten Verhaltens befasst. Er benutzt dabei die Bezeichnung “artifizielle Intelligenz”, was dem Feld einen wissenschaftlichen und teils abgehobenen Anspruch einhaucht. In solchen Runden ist man sehr schnell beim Thema Smartphones angekommen und ihren Chancen und Risiken für Gesellschaft und Wirtschaft. Aber auch Big Data spielt dabei eine entscheidende Rolle. InternationalisierungskursBouée lässt dabei durchblicken, dass für ihn die Champions auf diesem Gebiet in den USA sitzen. Facebook, Google, Apple, Amazon usw. Für den China-Fachmann zieht allerdings das Reich der Mitte mit großen Schritten nach.Aber auch Europa hat seiner Meinung nach gute Chancen, bei den Themen der Zukunft eine Rolle zu spielen. Der CEO zielt dabei insbesondere auf die relativ hoch entwickelte Start-up-Szene in Westeuropa ab. Der weltweite Vormarsch der neuen Technologien und Kommunikationskanäle hat aus seiner Sicht einen Wandel in der Arbeitswelt zur Folge. Die Verbindung der Disziplinen Mathematik und Physik wird immer wichtiger, so der Spitzenberater – Bouée als weitsichtiger Consultant. Das gehört zu seinen Aufgaben. Der verheiratete Vater zweier Töchter steht seit fast vier Jahren an der Spitze von Roland Berger, der einst mit der Beratung von Politik und öffentlicher Hand groß geworden ist.Für Berger baute der gebürtige Pariser das Asien-Geschäft aus. Er ist – salopp formuliert – der China-Kracher des Unternehmens. Ohne diese Ausrichtung wäre wohl die Consulting-Firma im Wettstreit mit den Großen der Branche nicht mehr unabhängig, sondern wäre vielleicht längst unter das Dach eines anderen Anbieters geschlüpft. Vor einigen Jahren war das bei Roland Berger ein Thema. Die Befürworter der Eigenständigkeit setzten sich durch.Bouée treibt die Internationalisierung des Geschäfts voran. Dabei spielt auch Davos für ihn eine wichtige Rolle – Vernetzung nicht nur der Daten, sondern auch weltweite Vernetzung bei den persönlichen Kontakten. Das kostet Zeit und Kraft. Der studierte Ingenieur und Jurist mit Harvard-Abschluss ist übers Jahr gerechnet rund 70 Tage für Roland Berger im Flugzeug unterwegs. Diesen Stress sieht man ihm nicht an. Bouée wirkt ausgeglichen und aufgeräumt.