Italien

Rom will Ex-Minister Franco ins EZB-Präsidium schicken

Der frühere Wirtschafts- und Finanzminister Daniele Franco soll nach dem Willen der italienischen Regierung zum 1. November Nachfolger von Fabio Panetta im EZB-Direktorium werden. Auf ihn warten große Herausforderungen.

Rom will Ex-Minister Franco ins EZB-Präsidium schicken

Rom will Ex-Minister Franco
ins EZB-Direktorium schicken

Von Gerhard Bläske, Mailand,
und Mark Schrörs, Frankfurt

Der frühere Wirtschafts- und Finanzminister Daniele Franco (70) soll nach dem Willen der italienischen Regierung zum 1. November Nachfolger von Fabio Panetta im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) werden. Panetta wird dann neuer Gouverneur der italienischen Zentralbank, der Banca dItalia.

Franco, der von Februar 2021 bis Juli 2022 Wirtschafts- und Finanzminister der Regierung von Ex-EZB-Präsident Mario Draghi war, war zuletzt auch als neuer Chef der Europäischen Investitionsbank (EIB) gehandelt worden, hatte aber angesichts starker Konkurrenz wenig Chancen. „Ausgesucht“ für den Posten bei der EZB hat ihn sein Nachfolger als Minister, Giancarlo Giorgetti.

Formal muss Franco vom Europäischen Rat für den Posten gewählt worden. Es könnte auch Konkurrenten geben. De facto aber dürfte es keine Hindernisse für den ehemaligen Generaldirektor der Banca dItalia geben. Giorgetti will ihn bei der Eurogruppen-Sitzung im Oktober vorschlagen. Bislang gibt es das ungeschriebene Gesetz, dass die vier großen Euro-Volkswirtschaften – Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien – stets einen Posten in dem sechsköpfigen Gremium besetzen. Immer wieder gibt es aber Diskussionen, ob das durchzuhalten ist. Diese entzündeten sich in der Vergangenheit nicht zuletzt bei den vorzeitigen Abgängen deutscher Notenbanker – Jürgen Stark, Jörg Asmussen, Sabine Lautenschläger. Vor allem die osteuropäischen Zentralbanken haben bislang noch nie ein EZB-Direktoriumsmitglied gestellt – was viele von ihnen gerne ändern würden.

Geldpolitische Taube

Wie praktisch alle italienischen Spitzenbanker und wie Panetta ist auch Franco eine geldpolitische "Taube", also ein Verfechter einer im Zweifelsfall eher lockeren Geldpolitik, und er hat wiederholt Kritik an der EZB-Politik geübt. Doch der Mann aus einem kleinen Ort bei Belluno in Venetien, der gern in den Bergen seiner Heimat wandert, ist zurückhaltend, höflich und pflegt eher leise Töne. Er ist ein enger Vertrauter Draghis, mit dem er lange bei der Banca dItalia zusammengearbeitet hat: Nach einem Studium der politischen Wissenschaften in Padua hatte er an der New York University einen Master in Betriebswirtschaft erworben und startete seine Karriere 1979 bei der Banca dItalia. Dort blieb er, abgesehen von nebenberuflichen Lehraufträgen an verschiedenen Universitäten, sein Leben lang.

Für Aufsehen sorgte Franco 2018. Als damaliger Chefbuchhalter im Finanzministerium legte er sein Veto gegen Premierminister Giuseppe Conte ein, der ohne Rücksicht auf das Defizit Flat Tax, Bürgergeld und das Vorziehen des Rentenalters in einem Rutsch durchziehen wollte. Der heutige und damalige Vizepremier Matteo Salvini bezeichnete ihn deshalb als „Verhinderer“. Franco tritt für eine langsame, aber stetige Rückführung der Verschuldung des Landes ein.

Sollte Franco ins EZB-Direktorium einziehen, wartet auf ihn auch die Aufgabe, zwischen der EZB und der Regierung in Rom zu vermitteln. In den vergangenen Wochen hatte Rom seine Attacken auf die EZB und den aktuellen Zinserhöhungskurs noch einmal verschärft. Vize-Regierungschef Matteo Salvini hatte die EZB-Politik als „unsinnig und gefährlich“ kritisiert (vgl. BZ vom 28. Juni). Auch Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni hatte Kritik geübt.

Der EZB dürfte vor allem daran gelegen sein, dass die Nachfolge schnell geregelt wird. Nicht nur, dass der Kampf gegen die hartnäckig hohe Inflation aktuell alle Aufmerksamkeit verlangt. Zugleich wird das Projekt digitaler Euro immer konkreter. Das vergleichen auch Notenbanker selbst mit der Einführung des Euro im Jahr 1999 – und zuletzt lag die Zuständigkeit im Direktorium für das Thema bei Panetta. Dass Franco Panettas Aufgabengebiete übernimmt, ist aber nicht ausgemacht. Das wird dann in neuer Zusammensetzung entschieden.

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