"Rottweiler" Hughes zieht an Ray Kelvin vorbei
Von Andreas Hippin, LondonRay Kelvin (64) hat bei der Notkapitalerhöhung, die den von ihm gegründeten Herrenausstatter Ted Baker sicher durch die Coronavirus-Pandemie bringen soll, seine Position als größter Aktionär der Gesellschaft verloren. Überrundet wurde er vom Finanzinvestor Toscafund Asset Management, dessen Chef Martin Hughes (58) in der City auch unter dem Spitznamen “der Rottweiler” bekannt ist. Bei der Kapitalmaßnahme, die bis zu 105 Mill. Pfund brutto einspielen soll, schrumpft Kelvins Anteil um mehr als die Hälfte auf zunächst 16 %. Wie der “Guardian” berichtet, zeichnete der stets perfekt gekleidete Kelvin für lediglich 3,5 Mill. Pfund neue Aktien. Toscafund verdoppelte seine Beteiligung dagegen nahezu auf nunmehr gut 26 %. Der für seine aggressive Herangehensweise berühmte Hughes hatte den Fonds im Jahr 2000 zusammen mit Johnny de la Hey gegründet. Beide arbeiteten zuvor für Julian Robertsons Tiger Management.Kelvin entfernt sich dadurch noch mehr von dem Unternehmen, das er vor mehr als 30 Jahren in Glasgow an den Start brachte. Sein Amt als CEO legte er bereits im März vergangenen Jahres nieder, nachdem Mitarbeiter von erzwungenen Umarmungen, Schultermassagen und Küssen auf ihre Ohren berichtet hatten. Die Online-Plattform Organise hatte zuvor eine Petition auf den Weg gebracht, die angeblich von mehr als 300 aktiven oder ehemaligen Mitarbeitern von Ted Baker unterzeichnet wurde. Beschwerden bei der Personalabteilung seien ignoriert worden, heißt es darin.Übergriffe des Modemachers wurden offenbar als Ausdruck seiner Verschrobenheit wahrgenommen. Lindsay Page übernahm nach seinem Abgang die Führung. Der Wechsel an der Spitze tat dem Geschäft nicht gut. Rabattschlachten taten ein Übriges. Im Dezember 2019 traten Page und Executive Chairman David Bernstein ab. Die bisherige Finanzchefin Rachel Osborne wurde CEO. Im am 25. Januar abgelaufenen Geschäftsjahr fuhr das Unternehmen einen Verlust von 70,4 Mill. Pfund ein. Im Jahr zuvor hatte noch ein Gewinn von 24,5 Mill. Pfund unter dem Strich gestanden. Nun belasten die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie das Geschäft. Von der Pike aufKelvin verbrachte seine Kindheit in Cockfosters im Norden Londons. Sein Vater Alf besaß eine kleine Blusenfabrik in Tottenham. Kelvin lernte das Geschäft gewissermaßen von der Pike auf in der Schneiderei seines Großvaters. Der Fan der Tottenham Hotspurs belieferte zunächst mit seiner Firma Personal Contact High-Street-Einzelhändler mit Frauenbekleidung, dann stieg er auf Herrenhemden um. Mit Hilfe des schottischen Kaufhausbetreibers A. Goldberg & Sons eröffnete er im März 1988 sein erstes Geschäft in Glasgow. Zwei Jahre später folgte eine Filiale im Londoner Vergnügungsviertel Covent Garden, Kelvin kaufte die Goldbergs heraus. 1997 ging Ted Baker an die Börse. Der “Endurance”-Anzug für heiße Nächte auf der Piste, dem auch Erbrochenes nichts anhaben konnte, traf den Nerv der Zeit und fand reißenden Absatz.Geht es nach den Analysten von Peel Hunt, ist das mittlerweile nicht mehr so. Die Kollektion wirke abgestanden, und die Beschaffungskette könne mit dem Tempo des Markts nicht mithalten. Sie rechnen für das laufende Jahr mit einem Verlust von 30 Mill. Pfund.