Schaeffler-Chef setzt sich selbst ein Denkmal
Schaeffler-Chef setzt sich selbst ein Denkmal
Von Stefan Kroneck, München
Klaus Rosenfeld steht unter Zugzwang. Der Vorstandsvorsitzende von Schaeffler will nicht zu einem Getriebenen des Wandels der Automobilindustrie werden, sondern die Transformation zur Elektromobilität aktiv gestalten. Nach dem im vergangenen Jahr beschlossenen Abbau von 1.300 Stellen im Konzern setzt der 57-Jährige auf eine große Übernahme im Milliardenumfang, um einen Komponenten-Vollsortimenter unter den deutschen Autozulieferern für Elektrofahrzeuge zu schmieden.
Mit dem Anfang dieser Woche angekündigten Übernahmeangebot für den Regensburger Antriebsspezialisten Vitesco hat Rosenfeld vor allem Größenvorteile im Visier, um im härter werdenden Wettbewerb um die Pkw der Zukunft Marktanteile zu sichern und auszubauen. Sollte ihm die Transaktion gelingen, hätte er sich selbst ein Denkmal gesetzt. Denn der angestrebte Zusammenschluss beider Unternehmen wäre der größte Deal des CEO an der Spitze des familiendominierten Auto- und Industriezulieferers mit Sitz Herzogenaurach unweit von Nürnberg. Es wäre die Krönung seiner Karriere.
Antreiber
Rosenfeld sieht sich gerne als Antreiber von Veränderungen, um die Wettbewerbsfähigkeit der börsennotierten Gesellschaft zu sichern. Der ehrgeizige Bankkaufmann sowie Betriebs- und Volkswirt genießt das Vertrauen der Eigentümerfamilie Schaeffler. Über seine Schritte stimmt er sich eng mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Georg Schaeffler ab. Der verheiratete Vater vor vier Kindern sitzt als einziger familienfremder Manager in der Geschäftsführung der Beteiligungsholding IHO Verwaltungs GmbH des Schaeffler-Clans. Diese enge Bindung ist gewachsen. Sein Vertrag läuft im Juni 2024 aus. Eine erneute Verlängerung gilt als Formsache.
Karrierestart als Banker
Rosenfeld arbeitet seit 14 Jahren für Schaeffler, seit 2014 steht er an der Spitze des Unternehmens. Der Musikliebhaber war 2009 mitten in der Finanzmarktkrise von der Dresdner Bank in die fränkische Provinz zu seinem neuen Arbeitgeber gewechselt. In seiner damals angetretenen Rolle als Finanzvorstand gelang es ihm, Schaeffler vor einem drohenden Untergang zu retten, nachdem sich der Konzern mit der seinerzeit angestrebten mehrheitlichen Übernahme von Continental finanziell beinahe verhoben hatte. Rosenfeld ordnete die Bilanzstruktur. Über die Refinanzierung der hohen Finanzschulden schaffte er eine stabile Basis zum Fortbestand der Gruppe. Nachdem der damalige CEO Jürgen Geißinger ausgeschieden war, übernahm Rosenfeld 2013 auch die Aufgaben des Vorstandschefs. Eigentlich war seinerzeit Klaus Deller, damals CEO von Knorr-Bremse, als Nachfolger vorgesehen. Doch kurz vor dem geplanten Amtsantritt Mitte 2014 entließ die Familie Deller wieder und machte Rosenfeld zum Vorstandsvorsitzenden.
Seitdem sitzt er in dieser Position fest im Sattel. Unter seiner Regie brachte er Schaeffler 2015 an die Börse. Der Aufsichtsrat verlängerte seinen Vertrag erstmals 2018. Rosenfeld ist in der Branche gut verdrahtet. Seit 2009 gehört er dem Aufsichtsrat von Continental an. An dem Dax-Konzern aus Hannover hält die IHO 46%. Im Kontrollgremium des MDax-Mitglieds Vitesco, einer Abspaltung von Continental, sitzt er seit dem Börsendebüt im September 2021. Rosenfeld verfügt damit über einen sehr guten Einblick bei der Zielgesellschaft. Das verschafft ihm einen großen Vorteil, die Fusion nach seinen Vorstellungen umzusetzen.
Neues Machtgefüge
Dazu gehört ebenso, das Machtgefüge im Aktionärskreis von Schaeffler nach einer Verschmelzung von Vitesco auf das SDax-Unternehmen neu zu sortieren. Künftig würden 70% des Grundkapitals auf die Familie entfallen, 30% befänden sich im Streubesitz. Die bisher stimmrechtslosen Vorzugsaktien sollen in stimmberechtigte Stämme gewandelt werden. Dadurch würden die freien Aktionäre über die gleichen Rechte auf Hauptversammlungen verfügen wie die Familie. Unter Rosenfelds Ägide könnte die Schaeffler AG damit dem Modell einer modernen, zeitgemäßen Corporate Governance näherkommen.