Investor Relations in PersonDeutz

Schneider setzt auf Kommunikation aus einer Hand

Seit einem halben Jahr ist Mark Schneider beim Motorenbauer Deutz für Kommunikation und Investor Relations zuständig. Obwohl krisengestählt, bezeichnet Schneider die ersten Monate als „Feuerprobe“.

Schneider setzt auf Kommunikation aus einer Hand

Schneider setzt auf Kommunikation aus einer Hand

Von Annette Becker, Köln

Mark Schneider, der seit März die Abteilungen Investor Relations (IR), Kommunikation und Marketing von Deutz leitet, ist beinahe noch ein Neuling in der PR/IR-Branche. Der erfahrene Wirtschaftsjournalist wechselte erst 2017 die Seiten. Dennoch hat der 51-Jährige in der vergleichsweise kurzen Zeit so viele aus Investorensicht spannende Themen beackert, die manch ein IR-Kollege aus anderen Unternehmen in seiner gesamten Laufbahn nicht erlebt. Deutz ist bereits die dritte Station in Schneiders erst siebenjähriger Laufbahn als Kommunikator.

Wenngleich der Wahlhamburger erst seit einem halben Jahr für den Kölner Motorenbauer arbeitet, hatten es diese gut 180 Tage in sich: „Die ersten Monate bei Deutz waren für mich eine Feuerprobe“, räumt der eloquente PR-Mann freimütig ein. Der Grund: Deutz-Chef Sebastian Schulte hat dem Traditionsunternehmen ein straffes Transformationsprogramm auf die Fahnen geschrieben, das gefühlt im Akkord umgesetzt wird.

Arbeit an allen Fronten

Für Schneider hieß das, dass der Kommunikation des Berichts zum ersten Quartal die Hauptversammlung auf dem Fuße folgte, die wiederum nur das Vorspiel zur 160-jährigen Jubiläumsfeier war – mit Politprominenz und allem Pipapo. Derweil wurde intern schon die Akquisition von Blue Star Power System in den USA, einem Hersteller von Stromgeneratoren, vorbereitet, mit dem der Einstieg in das neue Geschäftsfeld Energie gezündet wurde. Zur Finanzierung setzte Deutz zu guter Letzt noch auf eine Kapitalerhöhung. Es gab also an allen Fronten genug zu tun.

Vorteil für Journalisten

„Hier kam mir zugute, dass ich als Journalist gelernt habe, unter Zeitdruck zu arbeiten“, sagt der Kommunikationsprofi, der sich bei „Handelsblatt“ und „Bilanz“ in der Autoindustrie einen Namen gemacht hat. Wenngleich der Vater zweier Söhne seine Leidenschaft für Investor Relations nach eigenem Bekunden erst auf Umwegen entwickelt hat, gehören Kommunikation und IR in einem Unternehmen aus seiner Sicht untrennbar zusammen: „Entscheidend in der Kommunikation ist, dass sie konsistent ist – sowohl extern als auch intern. Daher passt eine einheitliche Leitung von Kommunikation und Investor Relations perfekt zusammen“, erläutert Schneider.

Zum Seitenwechsel bewogen hatten ihn letztlich enttäuschende Erfahrungen in der Medienindustrie und das Gefühl, dass viele Firmengeschichten auserzählt sind. „Ich hatte das Gefühl, ich entwickle mich nicht mehr weiter“, fasst Schneider zusammen und ergänzt: „Ich möchte guten Journalismus ermöglichen, für mich ist er ein abgeschlossenes Kapitel.“

Das Neue, das Spannende hat mich gereizt.

Mark Schneider

Den Einstieg in die Unternehmenswelt fand Schneider beim Orthopädiespezialisten Ottobock. Der Gründerenkel Hans Georg Näder, der 2017 noch die Geschäfte führte, hielt seinerzeit nach einem Kommunikationsmann Ausschau, der das Unternehmen auf dem Weg an die Börse begleiten sollte. Denn mit EQT war bei Ottobock 2017 auch ein Private-Equity-Investor an Bord gekommen, mit dem die IPO-Pläne vorangetrieben werden sollten. Schneider sah darin für sich das richtige Sprungbrett, um sich vom Journalismus zu verabschieden.

Mit Zuständigkeit für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Investor Relations machte er sich mit Elan an die Arbeit. „Das Neue, das Spannende hat mich gereizt“, sagt er. Doch nach fünf Jahren theoretischer IR-Arbeit und der Tatsache, dass die Börsenpläne mit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs 2022 in der Schublade verschwanden, sah Schneider die Zeit für einen Wechsel gekommen. Im September 2022 heuerte er beim angeschlagenen Autozulieferer Leonie in Nürnberg an. Auch dort mit Zuständigkeit für Kommunikation und Investor Relations.

Krisenkommunikation stählt

Hatte es bei Ottobock zu wenig Investorenkontakt gegeben, lernte Schneider bei Leoni schnell das andere Extrem kennen. Denn bei dem börsennotierten Autozulieferer gehörte Krisenkommunikation schon bald zum Alltagsgeschäft. Nach einem gescheiterten M&A-Deal musste das Unternehmen ein Refinanzierungskonzept mit den Banken verhandeln. „Wir haben im Schnitt fast jeden Monat eine Ad-hoc-Mitteilung verschickt“, erzählt Schneider aus den turbulenten Tagen, die letztlich in einer vorinsolvenzlichen Sanierung nach dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG-Verfahren) mündeten. Schließlich übernahm der österreichische Investor Stefan Pierer das Unternehmen. Damit verbunden war das Delisting.

Gestählt in Krisenkommunikation und ohne IPO-Flausen im Kopf wandte sich Schneider daraufhin der bodenständigen Deutz AG zu, bei der es andere kommunikative Herausforderungen gibt. Denn allen Bestrebungen zur Diversifikation zum Trotz bleibt das Geschäft mit schweren Dieselmotoren für Nutzfahrzeuge noch lange Zeit Kerngeschäft – unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ist das zumindest erklärungsbedürftig. Erschwerend kommt hinzu, dass die einst mit dem Kauf von Torqeedo verbundenen E-Motoren-Träume vorerst zerplatzt sind. Schneider räumt ein, dass Deutz damit einiges an Investorenvertrauen verspielt hat.

Auch intern überzeugen

Der Relevanz des Themas Nachhaltigkeit ist er sich aber durchaus bewusst. „Obgleich uns Investoren nicht oft auf das Thema ESG ansprechen, wollen wir 2050 klimaneutral sein. Jenseits der Straße ist das ein ziemlich ambitioniertes Ziel“, sagt Schneider und verweist darauf, dass die Nachhaltigkeitsstrategie vor allem in der Belegschaft auf breites Interesse stößt. Für Deutz heißt Nachhaltigkeit Transformation und „gerade in Zeiten der Transformation kann interne Kommunikation gar nicht hoch genug geschätzt werden“, ist Schneider überzeugt.

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