Zum ersten Mal seit 20 Jahren erhält Singapur einen neuen Premierminister: Lee Hsien Loong übergibt sein Amt am 15. Mai an seinen bisherigen Stellvertreter und Finanzminister Lawrence Wong. „Für jedes Land ist ein Führungswechsel ein bedeutender Moment“, teilte Lee mit. Das Büro des Premierministers versicherte, dass Wong „die einstimmige Unterstützung“ der Abgeordneten der regierenden People’s Action Party (PAP) habe. „Gemeinsam können wir eine Zukunft aufbauen, die für alle Singapurer hell erstrahlt“, erklärte wiederum Wong.

Der Führungswechsel kam überraschend: Bisher hatte der 72-jährige Lee gesagt, dass seine Nachfolge bis zum 21. November dieses Jahres, dem 70-jährigen Gründungsjubiläum der PAP, geregelt werden soll. Zuvor hatte die Pandemie eine Nachfolge verhindert. Nach der Amtsübergabe soll der 51-jährige Wong die PAP in die nächste Parlamentswahl führen, die im November 2025 ansteht. Der vorzeitige Wechsel könnte bedeuten, dass die Regierungspartei den Zeitplan für die Wahl beschleunigt, um sich inmitten des unsicheren geopolitischen Klimas als Anker der Stabilität zu empfehlen.

In den fast sechs Jahrzehnten seit seiner Unabhängigkeit 1965 hatte Singapur nur drei Premierminister. Der jetzige Amtsinhaber Lee ist der Sohn des ersten Premiers Lee Kuan Yew und trat sein Amt 2004 an. Sein früherer Erster Privatsekretär Wong startete seine Karriere als Beamter im Handels- und Finanzministerium. Später leitete er die Energiemarktbehörde, gelangte 2011 ins Parlament und übernahm bald mehrere Ministerposten. Größere Bekanntheit gewann er als Co-Chef der Taskforce zur Bewältigung der Covid-Pandemie. Im April 2022 wurde Wong als Chef des PAP-Teams der „vierten Generation“ bestätigt, was bereits eine Vorauswahl bei der Nachfolge von Lee signalisierte. Seitdem betreute Wong wichtige politische und außenpolitische Angelegenheiten.