Sinochem-Chef Ning Gaoning - der Mann, der Großfusionen stemmt
Von Ernst Herb, HongkongWo Ning Gaoning auf den Plan tritt, da kommt Bewegung in die Unternehmenslandschaft. Das hat der Verwaltungsratspräsident des chinesischen Industriekonglomerats Sinochem bereits bei seinem vorherigen Arbeitgeber Cofco bewiesen. Unter seiner Führung akquirierte der staatliche Agrarkonzern, versehen mit einer 10 Mrd. Dollar schweren Kriegskasse, innerhalb kurzer Zeit den holländischen Weizenhändler Nidera, die Agrarsparte des Hongkonger Rohstoffkonzerns Noble und so nebenbei auch noch ukrainische Weizensilos, eine australische Zuckerrohrplantage und französische Weinberge. US-AusbildungKurz nachdem der in den USA in modernen Managementpraktiken ausgebildete Ning Anfang 2016 an die Spitze von Sinochem rückte, wurde der Kauf des an der Börse Singapur notierten Rohkautschukproduzenten Halcyon Agri bekannt gegeben. Obwohl der 59-jährige Ning im Umgang mit Ausländern den Vornamen Frank benutzt und an der Universität von Pittsburgh einen Master of Business Administration (MBA) erworben hat, ist er damit noch lange kein Unternehmer amerikanischen Gepräges.Vielmehr setzt das Mitglied der Kommunistischen Partei Chinas, in Personalunion auch Sekretär der Parteizelle von Sinochem, mit seiner Einkaufstour treu eine von der Regierung vorgegebene Industriepolitik um. Die großen chinesischen Staatskonzerne, die nach wie vor die Volkswirtschaft des Landes dominieren und damit auch ein zentrales Machtinstrument der seit 1949 regierenden Partei sind, sollen, wenn es nach dem Willen der Obrigkeit geht, zu den in ihren Branchen weltweit führenden Konzernen aufschließen, wenn nicht sogar sie überholen.Wie eng in China politische Macht und Unternehmen dabei verbunden sind, lässt sich daran ablesen, dass Ning auch Abgeordneter des chinesischen Volkskongresses – des Quasi-Parlaments des Landes – ist. Wie weit sein politischer Einfluss reicht, zeigt sich indes vor allem daran, dass er der Disziplinarkommission der Kommunistischen Partei angehört. Sie ist die Speerspitze, mit der der chinesische Präsident Xi Jinping nicht nur die Korruption bekämpft, sondern in den vergangenen Jahren auch mächtige innenpolitische Gegner aus dem Wege geräumt hat. Teil der MachteliteDieser Kommission sind neben hohen Politikern auch eine ganze Reihe prominenter Geschäftsleute jäh zum Opfer gefallen, die ähnlich gut vernetzt waren wie Ning. Das dürfte ihn täglich daran erinnern, wie unberechenbar im heutigen China Karrieren sind. Doch vorderhand gehört Ning klar zur Machtelite Chinas. In deren Augen kommt Sinochem oder auch Cofco ähnlich wie Rüstungs- und Energieunternehmen “strategische Bedeutung” zu.Hier findet zur Stärkung gegenüber den ausländischen Wettbewerbern ein Konzentrationsprozess statt. Gerüchte, Sinochem und Chemchina – der teils ähnlich aufgestellte lokale Konkurrent – stünden vor einem Zusammenschluss, sind bisher zwar nicht bestätigt worden. Sollte das aber der Plan der Regierung sein, so hätte Ning die Statur, um eine solche Großfusion auch stemmen zu können.