Fluchtwelle

Spitzenmanager verlassen die Mailänder Börse

Bei der Mailänder Börse brodelt es gewaltig. Nach dem Weggang des langjährigen Börsenchefs Raffaele Jerusalmi (60), der die Börse im Oktober nach mehr als 20 Jahren, davon elf als CEO, lange vor Ablauf seines Vertrags 2023 verlassen hat und zur...

Spitzenmanager verlassen die Mailänder Börse

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Bei der Mailänder Börse brodelt es gewaltig. Nach dem Weggang des langjährigen Börsenchefs Raffaele Jerusalmi (60), der die Börse im Oktober nach mehr als 20 Jahren, davon elf als CEO, lange vor Ablauf seines Vertrags 2023 verlassen hat und zur Genfer Privatbank Pictet gewechselt ist, hat es eine wahre Fluchtwelle gegeben.

Nach 23 Jahren verlässt nun Nunzio Visciano, bisher Chef des Equity Market Listing, also verantwortlich für die Börsennotierungen, die Mailänder Börse zum 1. März. Er wechselt zur Beratungsgesellschaft Wingmen. Visciano hat unter anderem das erfolgreiche Star-Segment auf den Weg gebracht, sich um das Kleinwertesegment AIM (jetzt EGM) gekümmert und um die Elite-Plattform.

Bereits Ende 2021 sind Valentina Sidoti und Nicolas Bertrand gegangen. Sidoti war Head of Global Buy Side & Market Analysis and Italy Regulations. Sie war auch Verwaltungsratsmitglied der Töchter Elite, MTS sowie Cassa Compensazione e Garanzia und hat 22 Jahre für die Borsa gearbeitet. Bertrand stieß 1999 zur Mailänder Börse und war bisher Head of Derivatives and Commodities. Den Abschied genommen hat außerdem Pietro Poletto, verantwortlich für ETF und Fixed Income Markets, der 23 Jahre bei der Börse war und von 2007 bis 2020 die gleiche Rolle bei der damaligen Borsa-Mutter London Stock Exchange (LSE) eingenommen hat. Poletto war für eine Vielzahl von Innovationen bei der Börse verantwortlich.

Die französisch dominierte Mehrländerbörse Euronext hat ihre Einnahmen 2021 dank der Übernahme der Borsa Italiana um 46,9% auf 1,3 Mrd. Euro gesteigert. Die italienische Börse steuert dazu etwa 39% bei. Der Nettogewinn stieg um 17,2% auf 413,3 Mill. Euro. Die Geschäfte der Mailänder Börse leitete 2021 noch überwiegend Jerusalmi. Der Aktienkurs von Euronext hat sich sehr negativ entwickelt. Seit dem Höchstkurs von 105,30 Euro am 16. September hat der Wert 28% auf 82,30 Euro verloren.

Jerusalmi war sicher auch deshalb gegangen, weil seine Machtbefugnisse deutlich beschnitten worden sind. Als die Borsa noch zur LSE gehörte, saß er dort im Verwaltungsrat. Unter den Franzosen war er nur noch Country Manager. Die Autonomie der Borsa Italiana ist auch sonst stark eingeschränkt. Jerusalmis Nachfolger Fabrizio Testa kündigte an, dass das Data Centre von Euronext im Juni von London nach Bergamo verlagert werden soll. Für 2023 sei die Migration der Borsa auf die Optiq-Plattform geplant. Doch die Entscheidungen für Mailand werden zunehmend in Paris getroffen.