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Stanley Ho - Gründer, Dealmaker und Wohltäter

Von Norbert Hellmann, Schanghai Börsen-Zeitung, 28.5.2020 Just in einer Zeit, da die Corona-Pandemie den weltweiten Glücksspiel- und Kasinobetrieb vor eine ungewisse Zukunft stellt, ist der legendäre chinesische Kasinomagnat und als Gründervater...

Stanley Ho - Gründer, Dealmaker und Wohltäter

Von Norbert Hellmann, SchanghaiJust in einer Zeit, da die Corona-Pandemie den weltweiten Glücksspiel- und Kasinobetrieb vor eine ungewisse Zukunft stellt, ist der legendäre chinesische Kasinomagnat und als Gründervater der Glücksspielmetropole Macau bekannt gewordene Unternehmer Ho Hung-sun (Stanley Ho) im Alter von 98 Jahren verstorben. Um Hos unternehmerisches Geschick und Verhandlungstalent wie auch seine Patriarchen-Rolle als Vater von 17 Kindern aus vier Beziehungen ranken sich Legenden.Ho hinterlässt ein Familienimperium, das seit mittlerweile 50 Jahren den größten Kasinobetrieb in Asien abgibt. Dabei spielten seine Hotel- und Kasinogeschäfte eine wesentliche Rolle dabei, dass die chinesische Sonderverwaltungszone Macau heute sogar Las Vegas als weltgrößte Glücksspielkapitale hinter sich gelassen hat. Die Insel ist das einzige Gebiet in China, in der die kommunistische Parteiführung den Wett- und Kasinobetrieb erlaubt. Lebende LegendeIn Macau hinterlassen nicht nur die Kasinokomplexe des Milliardärs überall Spuren. Fast die Hälfte der Steuereinnahmen in der vormals portugiesischen Kolonie Macau gehen auf Hos Geschäfte zurück. Er ist auch der erste Macauer gewesen, nach dem noch zu Lebzeiten eine führende Verkehrsader auf der Insel benannt wurde.Ho hatte in einer Zeit, als es noch keine Internetmilliardäre in China gab, über Jahrzehnte hinweg zu den reichsten Männern in Asien gehört. Bei seinem Rücktritt von der aktiven Geschäftsführung seines Glücksspielkonglomerats im Alter von 97 Jahren wurde er auf ein Vermögen von umgerechnet rund 6 Mrd. Euro taxiert. Zahlreiche andere Familienmitglieder sind ebenfalls Milliardäre. Aus der Klatschpresse bekannt Der gebürtige Hongkonger hatte in der Klatschpresse über Jahrzehnte hinweg einen Platz, der nicht nur einem aufwendigen Lebensstil und zahlreichen Liaisons, sondern auch seinem charmanten Auftreten und seinem leidenschaftlichen Charakter geschuldet war. Dabei machte sich Ho als Philanthrop einen Namen, der Milliarden für wohltätige Zwecke aufbrachte. Allein in Hongkong ist ein Dutzend an Museen, Krankenhäusern und Sportstätten aus Hos Mäzenatentum hervorgegangen und trägt seinen Namen.Für Schlagzeilen sorgte der als Gourmet bekannte Ho, als er auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung den weltgrößten weißen Trüffel für umgerechnet rund 2,5 Mill. Euro ersteigerte. In Peking wiederum ist man Ho dafür dankbar, dass es ihm gelang, zwei in der Zeit der chinesischen Revolution abhanden gekommene wertvolle Bronzefiguren zu erwerben, die er wieder an das berühmte Sommerpalast-Museum in Peking übergab.Überdies pflegte Ho beste Beziehungen zum chinesischen Parteiapparat. Dabei fungierte er auch als ein Delegierter der sogenannten Chinese People’s Political Consultative Conference (CPPCC), des feierlichen Beratungsgremiums, das jährlich stets parallel zum chinesischen Volkskongress tagt. Auf dem derzeit laufenden Volkskongress in Peking wurde Ho als ein “patriotischer chinesischer Entrepreneur” gewürdigt. Reich und armDer 1921 als Spross einer reichen Hongkonger Familie geborene Ho verdingte sich anfangs als Warenhändler bei dem in Hongkong stark verwurzelten traditionsreichen britischen Kolonialhandelsimperium Jardine Matheson. Sein Vorname ist dem schicken Hongkonger Küstenörtchen Stanley, an dem die Familie eine Sommerresidenz unterhält, entlehnt. Ho machte in früher Jugend aber auch harte Zeiten durch, nachdem die Geschäfte seines Vaters und Großvaters 1927 pleitegingen und die Familie in Armut stürzten.In den Wirrungen des Zweiten Weltkriegs floh Ho mittellos auf die damals noch als portugiesisches Territorium geführte und damit im Weltkrieg als neutral geltende Nachbarinsel Macau und trat dort in die Macau Cooperative Company ein, einem Konglomerat, das in Kriegszeiten vor allem am Schmuggel von Luxuswaren und knappen Lebensmitteln nach Macau verdiente. Ho zufolge gelang es ihm, damit bereits im Alter von 24 Jahren auf die erste Million zu kommen. Lizenz als GoldmineÜber die Ehe mit einer vermögenden portugiesischen Unternehmerstochter stieg Ho dann rasch in die High Society von Macao auf und lancierte anfangs eine ganze Reihe von Immobiliengeschäften. Der Einstieg ins Kasinogeschäft gelang Ho erst im Jahr 1961, als er mit finanzieller Unterstützung der einflussreichen Hongkonger Fok-Familie die erste Glücksspielkonzession für Macau im Jahr 1961 erwarb. Ho hatte damit den richtigen Riecher und stieß auf eine Goldmine. Die von ihm gegründete Sociedade de Turismo e Diversoes de Macau (STDM) im damals noch portugiesischen Macau bildete mit den ersten nach dem Vorbild von Las Vegas entwickelten Kasino- und Hotelresorts Hotel Lisboa und Grand Lisboa die Grundpfeiler für Macaus schnellen Aufstieg als asiatische Glücksspiel-Kapitale.Die Rückgabe Macaus an China im Jahr 1999 schadete Hos Imperium keineswegs. Vielmehr erlebte Macau als einziges Territorium mit Glücksspiellizenz in der Volksrepublik nun erst recht einen Boom durch den immer breiteren Zustrom von wettlustigen chinesischen Touristen. Um deren Rückkehr nach Überwindung der Coronakrise werden die Nachfolgen von Hos Familienimperium nun allerdings bangen müssen.