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Stefan Pichler vertröstet bei Air Berlin auf die Zukunft

Von Lisa Schmelzer, Frankfurt Börsen-Zeitung, 14.8.2015 Ein gutes halbes Jahr ist Stefan Pichler bei Air Berlin im Amt, und er hat in dieser Zeit die Mitarbeiter der Fluglinie in Atem gehalten. In den ersten drei Managementebenen wurde kräftig...

Stefan Pichler vertröstet bei Air Berlin auf die Zukunft

Von Lisa Schmelzer, FrankfurtEin gutes halbes Jahr ist Stefan Pichler bei Air Berlin im Amt, und er hat in dieser Zeit die Mitarbeiter der Fluglinie in Atem gehalten. In den ersten drei Managementebenen wurde kräftig umgeräumt – gestern hieß es, dieser Prozess sei zu drei Vierteln abgeschlossen, was manchem Manager, der noch dabei ist, den Angstschweiß auf die Stirn treiben dürfte. Von Streckenstreichungen war in den vergangenen Monaten viel die Rede, davon, dass sich die schwer angeschlagene Airline auf profitables Geschäft konzentrieren muss. Am Ende wird der Schrumpfkurs Arbeitsplätze kosten, es ist etwa die Rede davon, dass Air Berlin 200 Piloten zu viel an Bord hat.Doch nach sechs Monaten im Amt musste Pichler am Donnerstag trotz aller Umbaubemühungen das tun, was schon seine Vorgänger tun mussten: schlechte Ergebnisse verkünden. Und auf die Zukunft vertrösten. Denn die soll rosig sein, glaubt man dem Air-Berlin-Chef. Nach dem Sommer soll der Umbau losgehen, bei der Frage nach Details wird Pichler, sonst eher nicht wortkarg, sehr einsilbig. Aber schon im kommenden Jahr soll die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft die Verlustzone verlassen. Wie das gelingen kann, dazu mehr im Herbst.Was bisher nach außen dringt, sind aber vor allem operative Maßnahmen und Umstrukturierungen. Teile des Unternehmens wie etwa die Wartung werden womöglich ausgegliedert, die günstiger produzierende österreichische Tochter Niki könnte nach dem Vorbild von Eurowings beim Konkurrenten Lufthansa mehr Strecken übernehmen, die sich für Air Berlin selbst nicht mehr rentieren.Doch die Berliner Hütte brennt ja vor allem auf der Finanzseite lichterloh, und dort ist bisher noch nichts über Pichlersche Löscharbeiten bekannt geworden. Quartal für Quartal muss Air Berlin ein negatives Eigenkapital vermelden, Ende Juni waren es – 575 Mill. Euro. Vom Großaktionär Etihad ist kein Geld mehr zu erwarten, wird dessen Engagement doch jetzt schon von den Wettbewerbsbehörden kritisch beäugt. Also wäre eine Option für den bestens vernetzten Pichler, einen neuen Investor zu suchen, doch das Airline-Geschäft im Allgemeinen und marode Fluglinien im Besonderen gelten als wenig sexy. Bliebe noch eine Verbindung mit der zweiten großen europäischen Etihad-Beteiligung, Alitalia, dabei täten sich aber zwei Kranke zusammen.Ebenfalls wenig zu hören ist über die Verhandlungen mit der Politik, bei der es um die Zusammenarbeit mit Etihad via gemeinsame Flugnummern geht. Diese sogenannten Code Shares stehen zur Disposition und sind doch für das Überleben der Berliner Fluglinie essenziell. Pichler gibt sich dabei optimistisch, andere Verhandlungsteilnehmer sehen das ganz anders und beklagen das mangelnde Engagement der Berliner.Der 57-jährige Pichler, der nach seinem Abschied aus Deutschland vor nunmehr zwölf Jahren viel von der Bedeutung einer gesunden Work-Life-Balance gesprochen hat, hat sich mit seinem Umzug vom Inselstaat Fidschi nach Berlin im Februar für genau das Gegenteil davon entschieden. Von außen betrachtet scheint die Sanierung von Air Berlin ein aussichtsloses Unterfangen, aber man merkt Pichler an, dass er daran glaubt, diese Firma retten zu können. Dafür will der ehemalige Marathonläufer noch einmal alle Energie geben. Und er will es sicher auch denen beweisen, die Häme und Spott über ihn ausgebreitet haben, als er Ende 2003 Knall auf Fall als Chef des Reisekonzerns Thomas Cook gehen musste. Aussagen wie die von Lufthansa-Chef Carsten Spohr, Pichler mache seinen Job bei Air Berlin nicht gut genug, “dass ich nervös werde”, werden seinen ehemaligen Kollegen dabei nur zusätzlich anspornen, die Sache bei Air Berlin doch noch zum Guten zu wenden.