Großer Einfluss über Verwaltungsräte

Tech-Köpfe ziehen Strippen in der US-Wirtschaft

Apple-CEO Tim Cook macht seinen Einfluss beim Sportartikelkonzern Nike geltend. Er ist nicht der einzige Big-Tech-Chef, der auch in anderen Unternehmen ein gewichtiges Wort mitredet.

Tech-Köpfe ziehen Strippen in der US-Wirtschaft

Tech-CEOs ziehen Strippen in US-Wirtschaft

xaw New York

Im Städtchen Beaverton wenige Kilometer westlich von Portland, Oregon, ist Tim Cooks Einfluss deutlich zu spüren. In der dort gelegenen Firmenzentrale von Nike stehen dem CEO des Technologieriesen Apple alle Türen offen, wie Mitarbeiter berichten. Der 64-Jährige sitzt seit 2005 im Verwaltungsrat des Sportartikelkonzerns und ist damit dessen dienstältestes – und wohl auch mächtigstes – Mitglied. Angeblich begreift er seine Rolle dabei als die eines zupackenden Beraters des Managements, der sich unter anderem mit konkreten Vorschlägen für das Design von Filialen oder die Produkt- und Vertriebsstrategie einbringt.

Cook prägt Strategie

Nike solle sich wie Apple auf die Marken fokussieren, die den Konzern am stärksten auszeichnen, und den Markt nicht übersättigen, so eine in Beaverton bekannte Devise Cooks. Nicht immer hat sich der Konzern in den vergangenen Jahren daran gehalten: Analysten kritisieren, dass der Sportartikler sein Portfolio durch die Ausweitung populärer Linien wie der „Jordan“-Basketballsneaker auf andere Produkte verwässert habe.

Daneben setzten strategische Fehlentscheidungen Nike zu: So setzte das Unternehmen unter dem zwischen Anfang 2020 und dem vergangenen Monat amtierenden CEO John Donahoe stärker auf Direktverkäufe und begann erst im Frühjahr wieder damit, sich in Richtung der Händler zu orientieren. In der Zwischenzeit nahm allerdings die Konkurrenz den aufgegebenen Platz in Ladenregalen ein.

Gewichtiges Wort bei der CEO-Nachfolgersuche

Bei der Nachfolgersuche für den ehemaligen eBay-Chef Donahoe – den Cook schon während seiner Zeit bei dem Online-Marktplatz im Kampf gegen aktivistische Investoren beraten hatte – war der Apple-CEO erneut zur Stelle. Er half Nike dabei, Firmenveteran Elliott Hill davon zu überzeugen, aus dem Ruhestand zurückzukehren und das Steuer zu übernehmen.

Nun wird der im Umgang mit Vertriebspartnern und Zulieferern erfahrene Cook wohl auch zu einem wichtigen Taktgeber für eine Strategiewende bei dem Sportartikler. Neu-CEO Hill dürfte daran gelegen sein, sich auch weiterhin mit dem Apple-Chef gut zu stellen, besitzt dieser als Vorsitzender des Vergütungskomitees im Verwaltungsrat doch auch offiziell großen Einfluss. Daran, dass der Umschwung gelingt, hat Cook indes auch in seinem Hauptjob Interesse. Schließlich ist Nike ein wichtiger Markenpartner für die Apple Watch, die beiden Unternehmen legen seit 2016 gemeinsame Modelle auf.

Fokus auf die Köpfe der Zukunft

Cook ist indes nicht der einzige Big-Tech-CEO, der auch in anderen Bereichen der US-Wirtschaft Strippen zieht. Zahlreiche Vorstandsköpfe aus dem Silicon Valley versuchen sich beispielsweise daran, in Bildungseinrichtungen die Unternehmerelite von Morgen mit zu formen, so etwa Satya Nadella im Kuratorium der Unviersity of Chicago. Darüber hinaus war der Microsoft-Chef über sieben turbulente Jahre hinweg im Verwaltungsrat von Starbucks vertreten. Im Sommer gab er sein Mandat bei der Kaffeehauskette ab, die daraufhin auch eine Rochade auf der Management-Ebene vornahm.

Seine Macht zeigte Nadella hingegen vor einem Jahr, als er eigenhändig einen Putsch bei der Technologieschmiede OpenAI abwürgte. Zunächst sah es damals danach aus, dass Microsoft, die Milliarden in den ChatGPT-Entwickler investiert hat und die eigene Suchmaschine Bing sowie einen Assistenten für die Office-Produktsuite mit dessen Modellen ausrüstet, als Verlierer aus einem Drama um das Startup hervorgehen würde.

Nadella taktiert bei OpenAI

Dessen Verwaltungsrat hatte CEO Sam Altman nach Streitigkeiten um seine gewinnorientierte Strategie und Bemühungen um Finanzierungen aus dem Nahen Osten überraschend abgesetzt, der mit hoch fliegenden Hoffnungen begleitete Microsoft-Partner stand vor dem Chaos. Nadella reagierte schnell: Er bot Altman und Vertrauten an, zu dem Technologieriesen aus Redmond, Washington zu wechseln und dort ein neues Team für fortgeschrittene KI-Forschung zu leiten.

OpenAI, die befürchten musste, in der Folge von ihrem wichtigsten Geldgeber in die Bedeutungslosigkeit verdrängt zu werden, blieb wenig anderes übrig, als Altman zurückzunehmen. Die entscheidenden Gespräche vermittelte dabei Nadella. Sein wichtigster Ansprechpartner Altman hat seine Macht bei OpenAI seither ausgeweitet, viele seiner Kritiker um die ehemalige Technologiechefin Mira Murati haben das Startup inzwischen verlassen. Auch Nadellas Einfluss, so betonen Beobachter, ist damit noch gewachsen.

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