Tech-Tycoon Lynch vor Sizilien vermisst
Tech-Tycoon Lynch vor Sizilien vermisst
Reuters/scd Palermo/Frankfurt
Rettungskräfte haben die Suche nach dem britischen Tech-Tycoon Mike Lynch und fünf weiteren Vermissten nach dem Untergang einer Luxusyacht vor Sizilien am Dienstag wieder aufgenommen. Die unter britische Flagge fahrende, 56 Meter lange Segelyacht „Bayesian“ war am Montag vor dem Hafen von Porticello auf der italienischen Insel in einem Sturm mit 22 Menschen an Bord gekentert. 15 wurden gerettet, darunter Lynchs Ehefrau Angela Bacares, auf die das Schiff zugelassen ist. Der aus Antigua stammende Schiffskoch konnte nur noch tot geborgen werden.
Schiffswrack zunächst versperrt
Unter den Vermissten sind auch Lynchs 18-jährige Tochter, der Morgan-Stanley-Manager Jonathan Bloomer und Chris Morvillo, ein Anwalt der Großkanzlei Clifford Chance, die Lynch in einem Verfahren in den USA vertreten hatte, sowie deren Ehefrauen, wie der Chef des Zivilschutzes auf Sizilien, Salvatore Cocina, sagte. „Die Befürchtung ist, dass sie im Boot eingeklemmt wurden“, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Spezialtaucher waren am Montag in einer Tiefe von 50 Metern zu dem Wrack vorgedrungen, der Weg weiter in das Schiff sei aber durch Gegenstände versperrt gewesen, erklärte die Feuerwehr.
Die Besatzung der Yacht war am Montag im Morgengrauen von einem unerwartet starken Sturm überrascht worden. Die Oberflächentemperatur des Wassers rund um Sizilien liege bei rund 30 Grad, drei Grad mehr als normal zu dieser Jahreszeit, sagte der Meteorologe Luca Mercalli. „Das ist eine enorme Energiequelle, die zu solchen Stürmen führt.“ Man könne das nicht allein auf die globale Erwärmung zurückführen, sie habe aber einen verstärkenden Effekt. Die britische Regierung hat vier Inspektoren zur Aufklärung von Seeunglücken nach Sizilien entsandt. Einem Insider zufolge sollen sie vor allem prüfen, ob die Besatzung der „Bayesian“ vor dem Sturm Zeit hatte, die Schotten dicht zu machen.
Der „britische Bill Gates“
Der 59-jährige Lynch galt einstmals als der „britische Bill Gates“. Er hatte seine Softwarefirma Autonomy 2011 für rund 11 Mrd. Dollar an den US-Computerriesen Hewlett-Packard (HP) verkauft. Ein unvorteilhafter Deal, der den ehemaligen SAP- und damaligen HP-Chef Leo Apotheker letztlich den Job kostete. Nur ein Jahr nach der Übernahme musste der US-Konzern 8,8 Mrd. Dollar an Goodwill-Abschreibungen vornehmen. HP hatte Lynch daraufhin wegen Betrugs verklagt. Mehr als ein Jahr stand er de facto unter Hausarrest, wurde aber im Juni von einer Jury in San Francisco freigesprochen.
Der ehemalige Finanzchef von Autonomy, Stephen Chamberlain, hatte als Mitangeklagter mit Lynch vor Gericht gestanden. Er starb am Montag an den schweren Verletzungen, die er sich bei einem Verkehrsunfall am Wochenende zugezogen hatte, wie sein Anwalt Gary Lincenberg bestätigte. Chamberlain war am Samstagmorgen beim Joggen in der Nähe von Cambridge von einem Auto erfasst worden.
Auch mit dem Freispruch in den USA war der Fall Autonomy für Lynch noch nicht ausgestanden. In Großbritannien hatte er in einem Zivilverfahren gegen HP im Jahr 2022 verloren. Über die Höhe der Schadenersatzzahlung ist aber bis dato noch nicht entschieden worden. HP fordert mehr als 4 Mrd. Dollar. Lynch hatte an dem Verkauf von Autonomy 800 Mill. Dollar verdient. Das Vermögen von Lynch war laut britischen Medien zuletzt deutlich gesunken auf nur noch 500 Mill. Pfund.