Tempomacher, der um Geduld bittet
Von Annette Becker, Düsseldorf Ein Ruf wie Donnerhall eilt Ferran Reverter, dem neuen starken Mann von Media-Saturn, voraus: Das darniederliegende Geschäft auf der Iberischen Halbinsel hat der Spanier auf Erfolgskurs zurückgeführt, der gelungene Turnaround in Italien und auch die Neuausrichtung der Aktivitäten in den Niederlanden werden dem 46-Jährigen zugeschrieben. Was läge da näher, als ihm auch die Transformation der Gruppe anzuvertrauen?Folgerichtig bestellten die Gesellschafter der Media-Saturn-Holding (MSH) den dreifachen Vater in seltener Einmütigkeit Mitte Oktober zum CEO des Elektronikfachhändlers, des operativen Kerns von Ceconomy. Seinem Vorgänger Pieter Haas, Vorstandschef von Ceconomy und in Personalunion auch Chef der Media-Saturn-Holding, hatte der Aufsichtsrat nach der dritten Gewinnwarnung den Stuhl vor die Tür gestellt.Keine zehn Wochen später wartet der drahtige Manager mit einer ersten, gleichwohl ernüchternden Analyse auf: Media-Saturn, der führende Multi-Channel-Anbieter für Unterhaltungselektronik in Europa, hat die Zügel zu lange schleifen lassen. Dem Unternehmen mangelte es in den letzten Jahren an Schnelligkeit und Fokus. Obendrein gebe es ein Führungs- und ein Kompetenzproblem, gesteht Reverter unumwunden ein.Inkonsistente Entscheidungen und zu viele Kompromisse sollen künftig aber der Vergangenheit angehören, verspricht Reverter, der der Geschäftsführung des deutschen Branchenprimus immerhin seit 2015 angehört. Zentralisierung und Geschwindigkeit sind seine Gebote der Stunde. Wer diesen Weg nicht mitgehen will oder kann, hat bei Media-Saturn nichts mehr zu suchen, auch das wird zwischen den Zeilen unmissverständlich klar.Gerade einmal vier Wochen hat es gedauert, bis in Ingolstadt, dem Sitz der MSH, erste Köpfe rollten. Getroffen hat es neben der Holding vornehmlich die Führungskräfte der deutschen Landesgesellschaft, die – auch das ist Teil der Analyse – einen viel zu hohen (Fix-)Kostenblock mit sich herumschleppt. Mittel, die Reverter freisetzen muss, um die Organisation umzubauen und insbesondere zu zentralisieren. Ein Vorhaben, das vielfach angedacht, aber nie realisiert wurde. Zu groß waren die Widerstände, nicht nur in Ingolstadt, sondern auch auf der Fläche. Doch wer sich umhört, erfährt auch schnell, dass das Wagnis, wenn überhaupt, nur dem neuen Media-Saturn-Chef zuzutrauen ist. Verbindlich im Ton, aber knallhart in der Sache, lautet die vielsagende Umschreibung.Dezentralität galt bei Media-Saturn lange Zeit als Schlüssel zum Erfolg. Reverter kann dem Blick in den Rückspiegel dagegen wenig abgewinnen. Viel zu oft werde sich hinter dem einstigen Erfolg versteckt, nur um der Gegenwart nicht ins Gesicht blicken zu müssen. Daher hört es sich auch fast wie eine Drohung an, wenn der vor Tatendrang strotzende Manager verkündet, sich mit herausfordernden Situationen auszukennen. Diese erforderten Veränderungen – auch unpopuläre.Der Haken an der Sache ist nur, dass die zukunftsträchtige Ausrichtung eines anfänglichen Investments bedarf, und das in zweifacher Hinsicht – gemeint sind Geld und Zeit. Beides kann Reverter zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht konkretisieren und bittet um Geduld.