Thyssenkrupp-Chef lässt Gewerkschafterkritik abperlen
Thyssenkrupp-Chef López nimmt Kritik sportlich
ab Düsseldorf
Ziemlich genau ein Jahr ist Miguel López nun als Vorstandsvorsitzender von Thyssenkrupp im Amt. Für den Frankfurter mit spanischem Pass dürfte es sich gleichwohl anfühlen wie eine komplette Amtszeit, hat sich in den vergangenen zwölf Monaten doch viel getan beim Essener Mischkonzern. Dennoch ist das ausgegebene Ziel, die verschiedenen Geschäfte wieder auf Augenhöhe mit dem Wettbewerb zu bringen, weiterhin nicht in Sicht.
López macht im Gespräch vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung jedoch unmissverständlich klar, dass er gekommen ist, um zu bleiben und den Umbau des Konzerns zu realisieren. Viel zu lange sei viel zu wenig passiert, blickt López zurück und setzt nach: „In den vergangenen Monaten haben wir gezeigt, dass es auch anders geht.“ An der Aktie lässt sich das gleichwohl (noch) nicht ablesen: Seit López’ Amtsantritt hat sich der Kurs – ausgehend von niedrigem Niveau – um weitere fast 40% verringert.
„Ich führe keinen Krieg gegen die IG Metall“
Davon lässt sich der Thyssenkrupp-Chef jedoch ebenso wenig beirren wie von den drastischen Verbalattacken der Arbeitnehmer und Gewerkschafter, die er sich jüngst anhören musste. „Ich führe keinen Krieg gegen die IG Metall“, bügelt der einstige Siemens-Manager ab. Einen Blick in die Gemütsverfassung erlaubt er nicht. Stattdessen gibt der Vorstandschef zu Protokoll, seine bisherige Zeit bei Thyssenkrupp „definitiv nur genossen“ zu haben.
Hauptstreitpunkt ist der längst überfällige Umbau der Stahlsparte, die gleichermaßen Wurzel und Achillesferse des Traditionskonzerns ist. Erst kürzlich war es bei der Entscheidung über den Einstieg des tschechischen Milliardärs Daniel Křetínský bei Steel Europe erneut zum Eklat gekommen. Um den Verkauf einer Beteiligung von 20% abzusegnen, musste der Aufsichtsratsvorsitzende Siegfried Russwurm von seinem Doppelstimmrecht Gebrauch machen. In der Geschichte geht es allerdings weniger um den Einstieg des Investors als vielmehr um den neuen Businessplan der Stahltochter.
Keine konjunkturellen, sondern strukturelle Probleme
Noch ist der Geschäftsplan in Arbeit, doch steht heute schon fest, dass zahlreiche Arbeitsplätze gestrichen werden, um die Sparte zukunftsfähig aufzustellen. Vorwegnehmen will López, der im Aufsichtsrat der Stahltochter sitzt, jedoch nichts. Und so mündet fast jede zweite Frage an diesem Montagabend in einen Verweis auf den Businessplan, den der Stahlvorstand gerade aufstellt. „Unter Druck“ gesetzt werde der Stahlvorstand nicht, gleichwohl soll es „so schnell wie möglich“ gehen, sagt der 59-Jährige. Beim Stahl „geht es nicht um konjunkturelle, sondern um handfeste strukturelle Probleme“, verdeutlicht López. Die Lage sei kritisch. „Ohne entschlossenes Gegensteuern kann die Situation existenzbedrohend werden“, mahnt der Manager, dem Weggefährten Umsetzungsstärke attestieren.