Tiktok-Chef Mayer wirft das Handtuch
nh – Der Amerikaner Kevin Mayer, Vorstandschef der chinesischen Videoplattform Tiktok, hat nach nur drei Monaten im Amt seinen Rücktritt angekündigt. Mayer reagiert damit auf das politische Gerangel um die Zukunft von Tiktok, eine Tochtergesellschaft des chinesischen Technologiekonzerns Bytedance. Das US-Geschäft von Tiktok steht nach Interventionen von US-Präsident Donald Trump zum Verkauf.Trump sieht Tiktok als Bedrohung der nationalen Sicherheit und will die populäre Kurzvideo-App ab Mitte September in den Vereinigten Staaten verbieten, falls die Firma bis dahin nicht an ein amerikanisches Unternehmen veräußert wurde. Tiktok befindet sich derzeit in Verhandlungen mit dem Software-Riesen Microsoft. Zum Verkauf steht auch das Tiktok-Geschäft in Kanada, Australien und Neuseeland. Als weitere Interessenten gelten der Kurznachrichtendienst Twitter und der Softwarekonzern Oracle.Mayer, der das interne Rennen um den Vorstandsvorsitz des amerikanischen Unterhaltungskonzerns Walt Disney verloren hatte, war im Mai zu Tiktok gewechselt, um einen global tätigen Konzern zu leiten. Die Leitung einer regionalen Tochtergesellschaft entspricht offenbar nicht Mayers Ambitionen. “Ich verstehe, dass die Rolle, für die ich unterschrieben habe – einschließlich der globalen Leitung von Tiktok – aufgrund der Maßnahmen der US-Regierung, die auf einen Verkauf des US-Geschäfts drängt, ganz anders aussehen wird”, schrieb Mayer in einem Brief an die Belegschaft. “Ich war bei meiner Arbeit immer global ausgerichtet, und die Leitung eines globalen Teams, zu dem auch die US-Sparte von Tiktok gehört, hatte für mich eine große Anziehungskraft.” Tiktok auf Interimsbasis führen soll die derzeit für das Amerika-Geschäft verantwortliche Vanessa Pappas.Mayer hatte bei Disney unter anderem den Streaming-Dienst Disney Plus verantwortet, mit dem der Konzern Konkurrenten wie Netflix Paroli bieten will. Nachfolger des langjährigen Vorstandschefs Bob Iger wurde im Februar allerdings nicht Mayer, sondern der davor für Freizeitparks und Lizenzprodukte zuständige Bob Chapek.Microsoft hatte Anfang August Verhandlungen über eine Übernahme des US-Geschäfts von Tiktok bekannt gegeben. Tiktok hat vor einem Bundesgericht in Kaliforniern inzwischen eine Klage gegen das Dekret Trumps eingereicht, das der Anlass der Verkaufsverhandlungen war. “Wir glauben, dass die Regierung unsere umfangreichen Bemühungen, auf ihre Bedenken einzugehen, ignoriert hat”, teilte Tiktok anlässlich der Klage mit.Amerikanische Regierungsvertreter unterstellen, dass die chinesische Regierung über Apps wie Tiktok Zugang zu amerikanischen Nutzerdaten bekommt. Auf der Plattform, die in den Vereinigten Staaten nach eigenen Angaben rund 100 Millionen Nutzer hat, teilen vor allem Jugendliche mit Musik unterlegte Kurzvideos.Hintergrund des Gerangels um Tiktok ist ein allgemeiner Kampf um die globale technologische und wirtschaftliche Vorherrschaft zwischen den Vereinigten Staaten und China.