Total-Chef Pouyanné in Riad
Von Gesche Wüpper, ParisWährend andere französische Top-Manager und auch Wirtschaftsminister Bruno Le Maire ihre Teilnahme am “Davos der Wüste” wegen der augenscheinlichen Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi absagten, hielt er daran fest. Total-Chef Patrick Pouyanné stellte damit erneut unter Beweis, dass er keine Angst hat, dort aufzutreten, wohin sich andere nicht wagen. “Ich bin fest davon überzeugt, dass die Politik des leeren Stuhls nichts bewegt, vor allem nicht, wenn es sich um die Menschenrechte handelt”, verteidigte er seine Entscheidung.”Es ist besser, einen offenen, selbstbewussten Dialog zu führen, in dem wir unseren Partnern unsere Werte verdeutlichen” , sagte er auf der umstrittenen Investorenkonferenz in Riad. Man sehe in schwierigen Zeiten, was eine Partnerschaft bedeute. Als Pouyanné dieselbe Botschaft später auf Twitter verkündete, betonte er, dass Totals Partnerschaft mit Saudi Aramco immerhin seit 40 Jahren bestehe. “Auch wir schätzen unsere Partnerschaft”, bedankte sich die staatliche saudische Ölgesellschaft. Total hat erst am 8. Oktober ein Abkommen mit ihr für den Bau einer riesigen petrochemischen Anlage in Jubail an der Ostküste Saudi-Arabiens unterzeichnet. Beide Konzerne wollen auch bei Tankstellen zusammenarbeiten. Saudi-Arabien kündigte auf der Investorenkonferenz zudem an, demnächst für mehr als 50 Mrd. Dollar Verträge für Gas, Öl und Infrastrukturen vergeben zu wollen.Pouyanné war es auch, der 2017 ein Abkommen im Iran unterzeichnete. Total war damit der erste westliche Energiekonzern, der nach Aufhebung der Sanktionen einen Großauftrag erhielt. Nachdem US-Präsident Donald Trump die amerikanischen Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft setzte, zog sich Total inzwischen jedoch wieder aus dem Land zurück. “Ich hoffe, dass wir eines Tages in den Iran zurückkehren können”, sagt der Absolvent der Ingenieurshochschule Polytechnique.Als Pouyanné letztes Jahr auf der Investorenkonferenz in Riad gefragt wurde, warum er auf den Mittleren Osten setze, antwortete er mit entwaffnender Ehrlichkeit. “Weil hier das Öl ist.” Zudem kennt er die Region gut, da er mehrere Jahre lang in Katar gearbeitet hat – zunächst für Elf, dann nach der Übernahme für Total. Begonnen hat der 55-Jährige seine Karriere jedoch zunächst als Berater des damaligen Premierministers Edouard Balladur sowie als Kabinettschef von François Fillon im Telekommunikationsministerium. 1997 dann begann der im Südwesten Frankreichs aufgewachsene Rugby-Fan bei Elf.Der begeisterte Tennisspieler arbeitete allein 15 Jahre im Bereich Produktion-Förderung, davon mehrere Jahre in Angola und eben Katar. “Papou”, wie er innerhalb des Ölkonzerns genannt wird, leitete auch die Sparte Raffinerie-Chemie. 2012 wurde er in das Exekutivkomitee berufen. Vor vier Jahren dann bestimmte ihn der Verwaltungsrat als Nachfolger des bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommenen Konzernchefs Christophe de Margerie. Er ernannte Pouyanné zum Generaldirektor und stellte ihm Thierry Desmarest übergangsweise als Chef des Verwaltungsrates zur Seite. Ende 2015 übernahm Pouyanné auch diese Funktion.Der Manager, der gerne zusammen mit seiner Frau und seinen vier Kindern exotische Reiseziele erkundet, gilt als Arbeitstier mit einem unglaublich schnellen Verstand. Er hat das Geschäft des Ölkonzerns als Stromlieferant kräftig ausgebaut. So hat er den belgischen Versorger Lampiris sowie Direct Energie aus Frankreich übernommen und letztes Jahr unter der Marke Total Spring ein Angebot für Privatkunden lanciert.Ziel Pouyannés, der privat ein Elektroauto fährt, ist es, den Anteil erneuerbarer und kohlenstoffarmer Energien an den Aktiva von Total bis 2035 von derzeit 5 % auf 20 % zu steigern.