Trump wählt Regulierungsskeptiker als SEC-Chef
Trump wählt Regulierungsskeptiker als SEC-Chef
xaw New York
Der designierte US-Präsident Donald Trump will den konservativen Anwalt Paul Atkins an die Spitze der US-Börsenaufsicht heben. Die SEC würde damit einen an der Wall Street bestens bekannten Chef bekommen, der nach Erwartung vieler Marktteilnehmer Bürokratie abbauen und die hochaktive Vollstreckungsabteilung bremsen dürfte. „Paul hat unter Beweis gestellt, ein Anführer für Regulierungen mit gesundem Menschenverstand zu sein“, schrieb Trump am Mittwoch auf der Plattform Truth Social.
Schlüsselpersonalien für Märkte
Dort verkündete der 78-Jährige weitere Schlüsselpersonalien für Wirtschaft und Finanzmärkte: Gail Slater, zuletzt Beraterin des künftigen Vizepräsidenten J.D. Vance, soll die Kartellabteilung im US-Justizministerium leiten, die unter demokratischer Führung aggressiv gegen die Monopolstellung von Big Tech vorgegangen war. Zudem gab Trump bekannt, den isolationistischen Hardliner Peter Navarro erneut zum obersten handelspolitischen Berater machen zu wollen. Dieser gilt als Garant für hohe Strafzölle.
Der designierte SEC-Chef ist eine weniger schillernde Persönlichkeit, doch nicht minder überzeugungsstark. Trump schrieb, Atkins erkenne an, dass „Digital Assets und andere Innovationen entscheidend dafür sind, Amerika besser zu machen als jemals zuvor“. Der Republikaner, der bereits zwischen 2002 und 2008 als SEC-Kommissar amtierte, hat das harte Vorgehen der Aufsicht gegen Kryptodienstleister öffentlich infrage gestellt. Im vergangenen Jahr sagte er, die SEC solle „direkter“ mit Digital-Assets-Firmen interagieren, um zu verhindern, dass sie nach Europa und Asien abwanderten. Trump, der Bitcoin in seiner ersten Amtszeit noch als „Nichtgeld, das auf dünner Luft basiert“ bezeichnete, hat sich der Digital-Assets-Branche im Wahlkampf angenähert. Somit zog er finanzkräftige Unterstützer wie die Gründer der Venture-Capital-Firma Andreessen Horowitz auf seine Seite und stellte sich mit seinem prominentesten Fürsprecher Elon Musk gut. Zudem versuchte er, durch den Start seines Kryptoprojekts World Liberty Financial finanziell vom erneuten Boom um Cyberdevisen zu profitieren.
Unter ihrem aktuellen Vorsitzenden Gary Gensler hat die SEC hingegen zahlreiche Token-Emittenten und Betreiber von Kryptobörsen wegen der Begabe bzw. des Listings nicht registrierter Wertpapiere verklagt. Lange sperrte sie sich zudem mit Verweis auf gehäufte Fälle von Betrug und Marktmanipulation im Segment dagegen, Spot-basierte ETFs auf Cyberdevisen zuzulassen.
Niederlage bei Bitcoin-ETFs
Doch Gensler erlebte 2023 seine wohl herbste Niederlage. Damals hob ein US-Gericht einen ablehnenden Bescheid der SEC zu einem Spot-Bitcoin-ETF der Investmentgesellschaft Grayscale auf. Die Richter gaben einer Klage des Anbieters statt und bezeichneten das Vorgehen der Börsenaufsicht als „willkürlich und launisch“.
Dabei bezogen sie sich darauf, dass die Aufsicht Futures-basierten Bitcoin-Indexfonds bereits 2021 die Freigabe erteilte. Am US-Finanzmarkt gilt indes der Rechtsgrundsatz, dass ähnliche Produkte auch kongruent zu regulieren sind. Die Richter folgten dem: Die SEC habe nicht zufriedenstellend begründet, warum sie Spot-ETFs anders behandle als Futures-Vehikel. Denn wie Grayscale betonte, basierten die für Bitcoin-Terminkontrakte genutzten Wechselkurse direkt auf Daten von Kryptobörsen. Volatilität und Manipulationsversuche im Spotmarkt wirkten sich damit auch auf die Futures-Börsen aus. Warum am Terminmarkt ein höheres Maß an Investorenschutz möglich sein sollte, erschließe sich also nicht.
Restriktive Regulierungen auf den letzten Metern
Zu Beginn des laufenden Jahres war die US-Aufsicht gezwungen, Spot-ETFs auf Bitcoin zuzulassen, Ende Juli folgten Freigaben für Fonds auf die zweitgrößte Cyberdevise Ether. Dass damit mehr Investoren Zugriff auf hochvolatile Kryptowährungen haben, gilt Kritikern als entscheidender Makel im Erbe Genslers.
Der aktuelle SEC-Chef kündigte nach dem Wahlsieg Trumps zuletzt an, trotz Amtszeit bis 2026 mit dem Ende der Biden-Administration am 20. Januar zurücktreten zu wollen. Dies enttäuschte republikanische Politiker, die darauf gehofft hatten, ihn früher loszuwerden. Nun arbeitet der ehemalige Investmentbanker auf den letzten Metern wohl noch daran, restriktivere Marktregulierungen zu verabschieden – mit drei Sitzen haben die Demokraten derzeit noch die Mehrheit in der fünfköpfigen Kommission inne.
Zu den Projekten, die Genslers Amtszeit bereits prägten, gehört eine komplexe Umstellung des Settlement-Zyklus in den USA, die er im Mai weitgehend geräuschlos über die Bühne brachte. Die Abwicklung von Wertpapiergeschäften erfolgt seither einen Tag statt wie zuvor zwei Tage nach dem Trade.
Die SEC verweist in ihrer Mitteilung zu Genslers Abschied zudem auf tiefgreifende Reformen im 28 Bill. Dollar schweren US-Staatsanleihemarkt. Denn ab Ende nächsten Jahres gilt für den Großteil der Treasury-Transaktionen in Cash eine Verpflichtung zum zentralen Clearing, ab dem 30. Juni 2026 greift dies auch für Repo-Geschäfte. Dies soll Kontrahentenrisiken reduzieren und die Effizienz im amerikanischen Kapitalmarkt erhöhen.
Überambitionierte Projekte kritisiert
Kritiker monierten allerdings, dass Gensler wiederholt mit überambitionierten und kostspieligen Regulierungsvorschlägen vorgeprescht und nach heftigem Gegenwind aus der Finanzbranche gezwungen gewesen sei zurückzurudern. So geschah es beispielsweise bei umfangreichen Regeln zum Klima-Reporting von Unternehmen oder bei neuen Transparenzpflichten für Private Funds.
Sein Nachfolger Atkins hat Unternehmen mit seiner 2009 gegründeten Firma Patomak Global Partners in den vergangenen Jahren zum Umgang mit der SEC beraten. Er würde, sofern ihn der Kongress im Amt bestätigt, wohl viele Neuregulierungen zurücknehmen, die Gensler während seiner Amtszeit durchsetzte.
Pläne zur Restrukturierung
Wie das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf Insider berichtet, sollten Atkins und andere Kandidaten für die Rolle des SEC-Chefs während des Bewerbungsprozesses Pläne vorlegen, um die Behörde zu restrukturieren. Dies passt zu Trumps Ankündigung, gemäß der sein Unterstützer Musk und der ehemalige Präsidentschaftskandidat Vivek Ramaswamy eine neue Abteilung leiten sollen, die Staatsausgaben drücken und die Effizienz der Regierung erhöhen soll.
Atkins stellte schon während und kurz nach seiner ersten Zeit bei der SEC eine Abneigung gegen aufwendige und kostspielige Regulierungsprojekte unter Beweis. So gehörte er zu den Gegnern des in Reaktion auf die Finanzkrise 2008 verabschiedeten Dodd-Frank Act, der Regulatoren nach seiner Ansicht zu viel Autorität über den Bankensektor verlieh.
Vollstreckung auf dem Prüfstand
Zudem stimmte er gegen eine Neuregelung, die einen einheitlichen Markt für den elektronischen Aktienhandel schuf. Zuvor stellten Börsen abweichende Kurse, was Anlegern Nachteile bescherte. Seit der Umstellung sollen Orders an die Börse geroutet werden, die den besten Preis bietet. Gensler hat die Regeln zuletzt noch angepasst, ab November 2025 sollen Dividendentitel in Kursabstufungen von einem halben Cent notieren können. Atkins stufte die Vereinheitlichung des Aktienhandels hingegen als wettbewerbsfeindliches Mikromanagement ein.
Zudem machte er sich für einen zurückhaltenden Einsatz von Zivilstrafen gegen börsennotierte Unternehmen stark, da diese zulasten der Aktionäre gingen. Unter ihrem aktuellen Vorsitzenden hat die SEC hingegen rekordhohe Sanktionen verhängt, im vergangenen Jahr waren es 8,2 Mrd. Dollar. Dies dürfte sich laut Experten nun ändern, wenn mit Atkins eine Art Anti-Gensler ins Amt kommt.