Lina Khan und Gary Gensler

US-Regulatoren müssen nach Trump-Sieg zittern

Die Spitzenvertreter von Amerikas führenden Wirtschaftsregulatoren besitzen nach der US-Wahl düstere Jobaussichten. Zu oft haben sie Donald Trumps Unterstützer Elon Musk vor den Kopf gestoßen.

US-Regulatoren müssen nach Trump-Sieg zittern

US-Regulatoren müssen nach Trump-Sieg zittern

Von Alex Wehnert, New York

Gary Gensler hat seinen Terminkalender gut gefüllt. Während sich in den Vereinigten Staaten alles um die Präsidentschaftswahlen dreht, hetzt der Vorsitzende der Wertpapier- und Börsenaufsicht SEC von einer Finanzbranchenkonferenz zur nächsten. Dabei muss er sich von Reportern immer wieder die Frage gefallen lassen, ob er sich auf einer persönlichen Wahlkampftour befinde.

„Mit meinen Auftritten kämpfe ich weder um meinen Job, noch handelt es sich hier um Exit-Gespräche“, betont Gensler Ende Oktober auf der Messe „Money 20/20“ in Las Vegas. Doch Fakt ist, dass der SEC-Chef infolge ambitionierter und kostspieliger Regulierungsprojekte aus beiden politischen Richtungen unter heftigen Druck geraten ist. „Ich schlafe nachts gut“, sagt der 67-Jährige angesprochen darauf, dass selbst demokratische Parteispender vor der Wahl nach der Entlassung ihres Parteifreundes riefen.

Mit der Krypto-Branche im Clinch

Nach dem Sieg Donald Trumps sind die Jobaussichten für Gensler noch düsterer geworden. Denn der Republikaner hat bereits zugesagt, den SEC-Chef an seinem ersten Tag im Amt zu feuern. Damit würde der neue Präsident seine Anhänger in der Krypto-Branche erfreuen, die Gensler als von Betrug und Marktmanipulation geprägtes Segment kritisiert und mit harten Vollstreckungsmaßnahmen attackiert hat. So forderte Brad Garlinghouse, Chef der mit der US-Wertpapieraufsicht im Clinch liegenden Krypto-Emittentin Ripple am Mittwoch auf der Plattform X (ehemals Twitter) bereits, Trump solle sein Versprechen bezüglich der Entlassung Genslers „ohne Verzögerungen“ einlösen.

Den Wolf hetzt die Meute: SEC-Chef Gary Gensler steht unter massivem politischen Druck. Foto: picture alliance / Jack Gruber-USA TODAY | Jack Gruber.

Der Wahlsieger würde damit auch seinem mächtigsten Unterstützer einen Gefallen tun: Elon Musk, der mehr als 100 Mill. Dollar aufgewendet hat, um Trump zurück ins Weiße Haus zu hieven und nun eine Rolle in der neuen Regierung übernehmen soll, liegt seit Jahren mit der SEC im Clinch. Unter Gensler ist die Beziehung noch angespannter geworden als unter seinem Vorgänger Jay Clayton.

Musks Transaktionen im Visier

So stieß die Behörde 2022 eine Untersuchung zu Musks 44 Mrd. Dollar schwerer Übernahme von Twitter an. Diese dreht sich um mögliche Verstöße des Milliardärs gegen Meldepflichten für Wertpapierkäufe vor Abschluss des Deals. Die SEC lud Musk daraufhin im vergangenen Jahr vor und ersuchte eine richterliche Anordnung gegen den reichsten Mann der Welt, als dieser nicht zu seiner Anhörung erschien. Musk reagierte scharf. „Eine umfassende Reform dieser Behörden ist dringend nötig“, schrieb er auf X. Zudem forderte er die Einsetzung einer Kommission, die „Strafmaßnahmen gegen die Individuen ergreift, die ihre regulatorische Macht missbraucht“ hätten.

Anders als auf der Kabinettsebene – auf der das Geschacher um Posten in der Trump-Administration nun an Fahrt gewinnt – sind die Amtszeiten der Chefs von Regulierungsbehörden nicht an die Legislaturperiode gebunden. Genslers Mandat endet 2026. Nun sitzt er jedoch im gleichen Boot wie Lina Khan, die Vorsitzende der Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde FTC. Deren Amtszeit ist zwar bereits im September abgelaufen, sie kann aber im Amt bleiben, bis der Präsident einen Nachfolger bestimmt.

Khan hat auch unter Demokraten Gegner

Nach Ansicht von Wirtschaftskanzleien ist das nur eine Frage der Zeit. Denn Khan hat Trump-Kumpel Musk mit Untersuchungen zum Datenschutz und dem Umgang mit Persönlichkeitsrechten auf X vor den Kopf gestoßen. „Sie wird bald gefeuert werden“, schrieb der Tesla-Chef im Oktober auf der Plattform über Khan.

Die FTC-Chefin ist wie Gensler selbst im demokratischen Lager nicht unumstritten: Der Milliardär Mark Cuban und andere vermögende Unterstützer der bei den Präsidentschaftswahlen unterlegenen Kamala Harris hatten sich vor dem Urnengang bereits für eine Ablösung der für ihren harten kartellrechtlichen Kurs bekannten Regulatorin starkgemacht.

Parteiinterner Streit

Das sorgte für Streit: Alexandra Ocasio-Cortez, einflussreiche Vertreterin des linken demokratischen Flügels im US-Repräsentantenhaus, schrieb auf X: „Wenn sich irgendjemand Lina Khan auch nur nähert, wird es eine regelrechte Schlägerei geben.“ Bernie Sanders, unabhängiger Senator aus Vermont, drückte sich diplomatischer aus: Er betonte, Cuban liege mit seiner Einschätzung falsch. Khan sei „die beste FTC-Vorsitzende der Moderne“.

Feindbild der Tech-Branche: FTC-Chefin Lina Khan hat sich als harte Gegnerin vermeintlich wettbewerbsschädlicher Merger positioniert. Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Michael Brochstein.

Trump dürfte sich davon kaum beeindrucken lassen. Den Regulatoren bleibt damit nur, auf ihre eigene Bilanz zu pochen – die allerdings sehr gemischt ausfällt. Denn Gensler hat zwar eine komplexe Umstellung des Settlement-Zyklus in den USA über die Bühne gebracht. Zugleich ist er aber auch mit großen Neuregulierungen zum Klima-Reporting von Unternehmen, Transparenzpflichten für Private Funds oder dem Orderprozess für Wertpapiergeschäfte vorgeprescht und war nach Gegenwind aus der Finanzbranche stets gezwungen zurückzurudern.

Khan hat sich indes als harte Gegnerin vermeintlich wettbewerbsschädlicher Übernahmen zum Feindbild der Tech-Branche gemacht, in entscheidenden Prozessen gegen Microsoft und Meta Platforms aber den Kürzeren gezogen. Trumps Amtsantritt können die beiden Spitzenregulatoren folglich nur mit Unruhe entgegenblicken.

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