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Van Houten schrumpft Philips zum Gesundheitskonzern

Von Stefan Paravicini, Frankfurt Börsen-Zeitung, 24.9.2014 Was haben Glühbirnen und LED-Leuchten, Kaffeemaschinen, Fernseher, Diktiergeräte und Abspielgeräte für CDs und DVDs gemeinsam? Sie haben bei Philips-Chef Frans van Houten keine Chance. Seit...

Van Houten schrumpft Philips zum Gesundheitskonzern

Von Stefan Paravicini, FrankfurtWas haben Glühbirnen und LED-Leuchten, Kaffeemaschinen, Fernseher, Diktiergeräte und Abspielgeräte für CDs und DVDs gemeinsam? Sie haben bei Philips-Chef Frans van Houten keine Chance. Seit der heute 54-Jährige im April 2011 bei dem niederländischen Traditionskonzern das Steuer übernahm, hat der Restrukturierungsexperte das Portfolio gründlich abgeklopft und vor allem in der Sparte Unterhaltungselektronik rigoros ausgedünnt. Jetzt macht van Houten den nächsten Schritt und lagert das Beleuchtungsgeschäft und damit jene Sparte aus, die die Firmengeschichte über mehr als 120 Jahre geprägt hat. Bis 2016 könnten diese Aktivitäten als eigenständiges Unternehmen an die Börse gehen. Aktivistischer Investor”Wir müssen ständig wachsam sein und immer wieder neu entscheiden, ob wir noch der richtige Eigentümer für einzelne Geschäfte sind”, sagte van Houten im Frühjahr in einem Interview der Börsen-Zeitung (vgl. BZ vom 23. April). Er schaue wie ein aktivistischer Aktionär auf das Portfolio und orientiere sich an den gleichen Maßstäben, die ein Private-Equity-Investor bei seinen Beteiligungen anlegen würde. Dieser Blick war es, den Philips mit ihren heute immer noch mehr als 40 Geschäftsbereichen suchte, als 2011 die Ära von Gerard Kleisterlee an der Konzernspitze zu Ende ging.Zwar hatte schon der Vorgänger von van Houten nach seinem Amtsantritt 2001 Unternehmensteile verkauft und das Geschäft auf die drei Säulen Konsumgüter, Licht und Medizintechnik zu konzentrieren versucht. Doch in der Krise musste Europas damals größter Elektronikkonzern zunächst seine Gewinnziele aufgeben und Kosten senken. Die Medizintechnik, schon damals größter Hoffnungsträger für Investoren und jetzt der Kern für die von van Houten auf einen Gesundheitskonzern geschrumpfte Philips, kam auch danach nicht richtig in Schwung. Meisterstück NXPPhilips erinnerte sich in dieser Lage an einen alten Bekannten, der sich schon 2006 bei der Ausgliederung der defizitären Halbleitersparte NXP einen Namen gemacht hatte. In dem von van Houten eingefädelten Deal – einem der größten der ersten Dekade dieses Jahrtausends – hatten Finanzinvestoren um Kohlberg Kravis Roberts & Co (KKR) sagenhafte 8,3 Mrd. Euro für 80,1 % an dem Geschäft bezahlt. Philips blieb mit dem Rest der Anteile im Boot und van Houten in guter Erinnerung, obwohl er dem Konzern mit dem Halbleitergeschäft den Rücken kehrte. NXP kehrte van Houten 2008 den Rücken. Zuvor veräußerte er noch die Mobilfunksparte des Chipherstellers an ST-Ericsson – für erstaunliche 1,6 Mrd. Dollar. Der Rivale Freescale fand damals keinen Käufer für seine Aktivitäten in diesem Bereich. Seitdem war van Houten unter anderem als unabhängiger Berater für den Verwaltungsrat des Finanzdienstleisters ING bei der Trennung von Bank- und Versicherungsgeschäft tätig. Auch an der Restrukturierung von ASM International, einem Ausrüster der Halbleiterbranche, war van Houten beteiligt. Außenseiter für CEO-JobIm Juli 2010 wurde van Houten vom Philips-Aufsichtsrat schließlich als Nachfolger von Kleisterlee auserkoren. Das kam für viele überraschend, waren doch der Chef der Lichtsparte, Rudy Provoost, der Leiter der Medizintechniksparte, Steve Rusckowski, und Finanzchef Pierre-Jean Sivignon als aussichtsreichste Kandidaten gehandelt worden.Das erste Mal war van Houten 1986 bei Philips eingestiegen. Damals arbeitete der begeisterte Jogger im Vertrieb von Philips Data Systems. Der Absolvent der Erasmus-Universität Rotterdam diente sich über Stationen in Deutschland (Philips Kommunikations Industrie) und Singapur hoch. Zum Chef des Unterhaltungselektronikgeschäfts wurde er 2002 ernannt. Ein Jahr später folgte der Aufstieg ins Group Management Committee, einer Art Lenkungsausschuss des Konzerns, dem neben Vorstandsmitgliedern auch Manager von Geschäftsbereichen und andere Führungskräfte angehören.