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Viehbacher muss bei Sanofi den Hut nehmen

Von Gesche Wüpper, Paris Börsen-Zeitung, 30.10.2014 Er war bei Investoren beliebt, und er hat den Konzern mit Erfolg umgebaut. Doch am Ende reichte all das nicht aus. Am Mittwoch beschloss der Verwaltungsrat von Sanofi einstimmig, Konzernchef Chris...

Viehbacher muss bei Sanofi den Hut nehmen

Von Gesche Wüpper, ParisEr war bei Investoren beliebt, und er hat den Konzern mit Erfolg umgebaut. Doch am Ende reichte all das nicht aus. Am Mittwoch beschloss der Verwaltungsrat von Sanofi einstimmig, Konzernchef Chris Viehbacher mit sofortiger Wirkung zu feuern. Der 54-Jährige, der das Ruder bei dem französischen Pharmakonzern Ende 2008 übernommen hatte, wird nun übergangsweise durch den 63-jährigen Verwaltungsratschef Serge Weinberg ersetzt. Sobald ein Nachfolger gefunden sei, würden beide Funktionen wieder getrennt, teilt Sanofi mit. Kritik am FührungsstilBeide Männer sollen sich von Anfang an nicht grün gewesen sein, als Weinberg den Board-Vorsitz 2010 übernahm, heißt es in Paris. Grund für den Rauswurf sei der Führungsstil Viehbachers, erklärte der Verwaltungsrats- und Übergangschef jetzt während einer Telefonkonferenz. Es habe Probleme bei der Zusammenarbeit Viehbachers mit dem Kontrollgremium gegeben. Es habe an Vertrauen gemangelt. Als Beispiele für die Probleme nannte Weinberg das Missmanagement von Lagerbeständen in Brasilien im vorigen Jahr und dass Viehbacher den Verwaltungsrat nicht vorab über seine Pläne informiert habe, ein Portfolio reifer Medikamente verkaufen zu wollen.Der Chef des Investmentfonds Weinberg Capital Partners soll zudem nicht erfreut über den Umzug des Deutsch-Kanadiers im Frühjahr nach Boston gewesen sein. Dabei sollen nach Informationen aus Paris auch steuerliche Gründe eine Rolle gespielt haben. Der in Kanada geborene Manager, der seine Karriere nach dem Studium an der Queen’s University in Ontario als Wirtschaftsprüfer bei PricewaterhouseCoopers begann, habe bei seinem Amtsantritt bei Sanofi 2008 ausgehandelt, dass er fünf Jahre lang von der Vermögenssteuer ISF befreit werde, berichtet “Les Echos”. Diese Sonderregelung habe offenbar nicht verlängert werden können.Bevor Viehbacher bei Sanofi begann, arbeitete er 20 Jahre lang für den britischen Pharmariesen GlaxoSmithKline, zunächst als Finanzchef der Deutschland-Tochter, später als Frankreich- und schließlich als Nordamerika-Chef. Während dieser Zeit handelte sich der verheiratete Golfspieler den Spitznamen “smiling killer” ein. Der Vater von drei Kindern, der fließend Deutsch, Englisch und Französisch spricht, war lange Zeit als einer der möglichen Nachfolger des damaligen GlaxoSmithKline-Chefs Jean-Pierre Garnier gehandelt worden, unterlag jedoch dem Amerikaner Andrew Witty. Stattdessen ging Viehbacher zu Sanofi. Nachdem der Pharmakonzern in den vergangenen Jahren den Patentverlust wichtiger Blockbuster zu spüren bekam, erwartet er für 2014 erstmals wieder einen Gewinnanstieg.Er wolle nichts an der Strategie ändern, erklärte Weinberg jetzt. Der frühere Chef des inzwischen in Kering umbenannten Konzerns Pinault-Printemps-Redoute begann seine Karriere nach Abschluss der Kaderschmiede École Nationale d’Administration (ENA) und des renommierten Institut d’Etudes Politiques als Büroleiter des heutigen Außenministers Laurent Fabius, als dieser Haushaltsminister war. Nach Stationen bei dem staatlichen Regionalfernsehsender FR3 leitete der Manager, der auch einen Jura-Abschluss besitzt, den Reiseveranstalter Havas Tourisme, Pallas Finance, den Venture-Capital-Arm der früheren Pallas-Bank, sowie mehrere Töchter der Pinault-Gruppe. Differenzen bei AccorDer Vater von vier Kindern wurde 2006 Verwaltungsratschef von Accor, verließ den Hotelkonzern jedoch 2009 wegen Meinungsverschiedenheiten mit den beiden Großaktionären Colony Capital und Eurazeo. Weinberg, dessen Großeltern sich als Einwanderer aus einfachen Verhältnissen hocharbeiteten und dessen Vater mit Textilien ein Vermögen machte, unterhält noch immer gute Beziehungen zu Fabius. Nach Angaben des Wirtschaftsmagazins “Challenges” soll er zudem einst dem jetzigen Wirtschaftsminister Emmanuel Macron zu einer Stelle bei der Rothschild Bank verholfen haben. Bei Sanofi habe er als Nachfolger des früheren Verwaltungsratschefs Jean-François Dehecq auch dafür sorgen sollen, dass Viehbacher nicht zu viel Macht bekomme, heißt es in Paris. Dafür hat Weinberg jetzt gründlich gesorgt.